Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer habe durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwinde. Welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt seien, hänge von der vorliegenden Krankheit ab. Im zugrunde liegenden Falle war der Kläger Abteilungsleiter einer Reha-Technik. Im Frühjahr 2011 führte der Kläger mit dem Alleingesellschafter der Beklagten ergebnislose Gespräche über die Übertragung der Geschäftsführerposition. Er bewarb sich in der Folgezeit für die Position des Geschäftsführers der städtischen A. gGmbH und kam am 22.08.2011 im Rahmen des Bewerbungsverfahrens der Einladung nach, sich bei der Bürgerschaft vorzustellen. An diesem Tag war der Kläger wie im gesamten Zeitraum vom 08.08. bis zum 24.08.2011 als arbeitsunfähig krankgeschrieben. Am folgenden Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Der Kläger hatte unstreitig an einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms gelitten, die auf einen eingeklemmten Nerv zurückzuführen war. Die Wahrnehmung eines Vorstellungsgesprächs sei deshalb aber nicht gleich genesungsfeindlich. Der Kläger habe seinen Abkehrwillen gezeigt. Artikel 12 GG gewähre ihm allerdings die freie Arbeitsplatzwahl. Der Abkehrwille könne deshalb eine Kündigung nur rechtfertigen, wenn der abkehrwillige Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zugunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässige oder der Arbeitgeber die Chance habe, für ihn eine andere Person einzustellen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die weiteren Pflichtverletzungen seien bereits gem. § 626 Abs. 2 BGB verfristet. Nach dieser Vorschrift kann die fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von den die Kündigung begründenden Tatsachen erfolgen. Auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei unwirksam. Erschöpfe sich die Umsetzung des neuen Betriebskonzepts praktisch in der Kündigung eines Arbeitnehmers, seien die Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss deckungsgleich. In diesem Fall müsse der Arbeitgeber seine Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehle es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen würde. Die unternehmerische Entscheidung dürfe ebenso wenig Vorwand sein, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und -möglichkeiten objektiv fortbestünden. Die Einstellung des Klägers sei nach dem Vortrag der Beklagten zur Entlastung der Geschäftsführung erfolgt. Nach der Entlassung des Klägers werde diese bei unveränderten Umständen wieder eintreten. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der Kündigungserklärung mit dem Vorstellungsbespräch des Klägers dränge sich der Gedanke auf, der Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben. Die Beklagte habe keine vernünftige Begründung ihrer Entscheidung anführen können, Die Kündigung sei auch nicht wegen angeblicher Schlechtleistungen des Klägers im operativen Geschäft sozial gerechtfertigt. Sei der Arbeitgeber mit der Erledigung der Aufgaben nicht zufrieden, müsse er durch konkrete Anweisungen oder den Ausspruch von Abmahnungen eine Verhaltensänderung anstreben. Das Angebot an den Gesellschafter der Beklagten, die Geschäftsführung zu übernehmen, möge gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten illoyal gewesen sein, nicht aber gegenüber der Beklagten.