Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Aktuelles

16.10.2014 Prozesskosten für Ehescheidungen steuerlich absetzbar

Prozesskosten für die Ehescheidung sind auch nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen. Im Streitfall hat das FG der Klage bezüglich der Prozesskosten für die Ehescheidung stattgegeben, im Übrigen, für Scheidungsfolgekosten, die Klage aber abgewiesen. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es handelt sich nach Angaben des Gerichts um die erste Entscheidung eines FG zu dieser Fragestellung.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, Aktenzeichen 4 K 1976/14

06.05.2014 Sparbrief nach Trennung zurückzugeben

Die Ausstellung eines Sparbriefes auf den Namen der Lebensgefährtin ist als eine unbenannte Zuwendung und nicht als Schenkung einzuordnen, wenn sie der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien dienen soll. Mit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung nach § 313 BGB.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.05.2014, Aktenzeichen X ZR 135/11

26.03.2014 Ehebedingter Nachteil bei Verlust des Arbeitsplatzes

Ob nach der Scheidung im konkreten Fall Unterhalt geschuldet wird, hängt u.a. davon ab, ob jemand bedürftig ist. Außerdem muß ein ehebedingter Nachteil beim Unterhaltsberechtigten vorliegen. Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt. Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.03.2014, Aktenzeichen XII ZB 214/13

10.12.2013 Dienstwagen erhöht unterhaltspflichtiges Einkommen

Wird einem unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zu Verfügung gestellt, erhöht sich sein unterhaltspflichtiges Einkommen in dem Umfang, in dem er eigene Aufwendungen für die Unterhaltung eines Pkw erspart. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden und insoweit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Gladbeck bestätigt.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 10.12.2013, Aktenzeichen 2 UF 216/12

04.12.2013 Vaterschaftsanfechtung für biologischen Vater

Es ist mit dem Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, den biologischen Vater von der Vaterschaftsanfechtung auszuschließen, um eine bestehende rechtlich-soziale Familie zu schützen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und damit die bisherige Rechtsprechung zur Vaterschaftsanfechtung durch den biologischen Vater bekräftigt.

Bundesverfassungsgsericht, Beschluss vom 04.12.2013, Aktenzeichen 1 BvR 1154/10)

02.12.2013 "Zwölf Stämme"

Im Wege einer einstweiligen Anordnung hatte das Amtsgericht Ansbach am 03. bzw. 04.09.2013 mehreren Eltern, die der Glaubensgemeinschaft "Zwölf Stämme" angehören, wesentliche Teile des elterlichen Sorgerechts vorläufig entzogen. Die Kinder wurden bei Pflegeltern untergebracht. Mit Beschlüssen vom 23.09.2013 hielt das Amtsgericht seine vorläufigen Entscheidungen aufrecht, nachdem es zuvor die Eltern der Kinder angehört und Zeugen vernommen hatte. Gegen diese Entscheidungen erhoben die betroffenen Eltern Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg. Das OLG Nürnberg wies die Beschwerden gegen Anordnungen des Amtsgerichts Ansbach, mit denen vier Elternpaaren wesentliche Teile des Sorgerechts vorläufig entzogen worden waren, weitgehend zurück. Die zwei jüngsten von neun betroffenen Kindern kommen zurück in die Obhut ihrer Eltern. Der zuständige Familiensenat war nach Anhörung der Kinder, ihrer Eltern sowie von Vertretern des Jugendamtes überzeugt, dass für die sieben älteren Kinder die gegenwärtige Gefahr einer körperlichen Züchtigung fortbesteht. Das Kindeswohl könne bis zu einer endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren nur durch den vorläufigen Entzug wesentlicher Teile des Sorgerechts, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts, hinreichend geschützt werden. Der Senat hat die Beschwerden gegen die Entscheidung des Amtsgerichts deshalb im Hinblick auf sieben der Kinder weitgehend zurückgewiesen. Die Kinder verbleiben deshalb zunächst bei Pflegeeltern, haben aber regelmäßigen Kontakt zu ihren leiblichen Eltern. Demgegenüber sah der Senat aufgrund seiner im Wege der Anhörungen gewonnenen Erkenntnis keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass schon den jüngsten, erst wenige Monate alten Kindern aktuell körperliche Bestrafungen drohen. Nur eine gegenwärtige Gefahr für das Kindeswohl könnte Maßnahmen im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes rechtfertigen. Insoweit hob der Senat die amtsgerichtliche Entscheidung auf. Die beiden Säuglinge kehren zurück in die Obhut ihrer Eltern.

Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 02.12.20013, Aktenzeichen 9 UF 1490/13, 9 UF 1491/13, 9 UF 1492/13, 9 UF 1493/13

16.10.2013 Lottogewinn fällt in den Zugewinnausgleich

Leben Ehegatten in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird zur Ermittlung, ob ein Ehegatte während der Ehe einen ausgleichspflichtigen Zugewinngewinn erworben hat, auf den Vermögenszuwachs von dem Zeitpunkt der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages abgestellt, wenn die Zugewinngewinngemeinschaft durch Scheidung der Ehe beendet wird. Ein von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags gemachter Lottogewinn ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen. Ein solcher Lottogewinn bleibe weder als privilegiertes Anfangsvermögen entsprechend § 1374 Abs. 2 BGB bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt noch könne die Zahlung wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1381 Abs. 1 BGB verweigert werden. Weder begründet eine längere Trennungszeit der Ehegatten eine unbillige Härte, noch der Umstand, dass der Vermögenszuwachs durch den Lottogewinn keine innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft hat.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.10.2013, Aktenzeichen XII ZB 277/12

01.08.2013 Standesamt nicht an US-Gericht gebunden

Eine Leihmutterschaft ist mit dem Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Deswegen ist die Entscheidung eines kalifornischen Gerichts, das die Elternschaft der „Auftraggeber“ einer Leihmutterschaft festgestellt hat, für die Eintragung in das Geburtenregister durch das Standesamt in Deutschland nicht bindend. Das Standesamt lehnte den unter Hinweis auf das kalifornische Urteil gestellten Antrag auf Nachbeurkundung der Auslandsgeburt im Geburtenregister ab. Die kalifornische Gerichtsentscheidung zur Elternschaft sei nicht bindend, weil sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei (ordre-public-Verstoß). Ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis könne in Deutschland nur durch Abstammung oder aufgrund einer Annahme als Kind entstehen. Eine Leihmutterschaft sei zivil- wie strafrechtlich unzulässig. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung und grundlegenden Wertentscheidung sei der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Menschenwürde. Die besondere Beziehung des ungeborenen Lebens mit der Mutter verbiete eine Übernahme von Schwangerschaften als eine Art Dienstleistung. Das Kind sei in besonderer Weise schutzbedürftig gegen gesundheitliche und seelische Gefährdungen nach der Geburt, etwa bei seiner Identitätsfindung. Ähnliches gelte für die betroffenen Frauen. Schließlich habe ein Kind ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht auf Kenntnis seiner Abstammung, unabhängig davon, ob es um genetische oder sonstige biologische Herkunft gehe. Diese Information würde dem Beteiligten zu 3. bei der erstrebten Registereintragung vorenthalten, weil die Leihmutter nicht im Register genannt würde.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 01.08.2013, Aktenzeichen 1 W 413/12

15.05.2013 Anfechtung der Vaterschaft bei Samenspende

Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB steht die Anfechtung der Vaterschaft auch dem Mann zu, der an Eides statt versichert, der Mutter in der Empfängniszeit "beigewohnt" zu haben. Der Begriff der Beiwohnung schließt eine Anfechtung der durch eine Samenspende entstandenen Vaterschaft nicht aus. Vielmehr gebieten Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung eine Anwendung der Vorschrift auch bei einer ohne Geschlechtsverkehr möglichen leiblichen Vaterschaft des Anfechtenden, wenn der Zeugung des Kindes keine Vereinbarung im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB vorausgegangen ist. Die Anwendung der Vorschrift wird dadurch erforderlich, dass nur so der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht wird. Ein in den Gesetzesberatungen verhandelter Ausschluss des Samenspenders von der Anfechtung betrifft nur Fälle der sogenannten konsentierten heterologen Insemination im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB, bei der aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung aller Beteiligten von vornherein klar ist, dass ein anderer Mann rechtlicher Vater werden soll. Damit ist ein Gleichlauf der Anfechtungsrechte des biologischen Vaters und der rechtlichen Eltern gewährleistet.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.05.2013, Aktenzeichen XII ZR 49/11

15.05.2013 Detektivkosten sind "notwendige" Kosten

Detektivkosten, die einer Partei zur Beschaffung von Beweismitteln (hier: zur Feststellung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten) entstehen, können zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 I 1 ZPO gehören, wenn das Beweismittel im Rechtsstreit verwertet werden darf.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.05.2013, Aktenzeichen XII ZB 107/08

08.05.2013 Aufrechnung übergegangener Unterhaltsforderungen

Werden für den Unterhaltsberechtigten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht, geht dessen Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes auf den Sozialleistungsträger über. Das gesetzliche Verbot, gegen Unterhaltsansprüche mit privaten Forderungen aufzurechnen, knüpft zwar an den zivilprozessualen Pfändungsschutz nach § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO an, den ein Sozialleistungsträger - anders als der Unterhaltsberechtigte - nicht benötigt. Durch das Aufrechnungsverbot sollen aber nicht nur die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten, sondern auch die Sozialsysteme geschützt werden, die beim Wegfall dieser Lebensgrundlagen für das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten einzustehen hätten. Könnten sich die Träger der Grundsicherung nicht auf das Aufrechnungsverbot berufen, stünde es dem Unterhaltsverpflichteten frei, den Unterhaltsberechtigten durch Zahlungsverweigerung zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu zwingen, um anschließend durch Aufrechnung private Forderungen gegen den Unterhaltsberechtigten zu Lasten der Allgemeinheit beizutreiben. Dies widerspricht auch dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.05.2013, Aktenzeichen XII ZB 192/11

26.04.2013 Leihmutterschaft im Ausland

Im zugrunde liegenden Falle lebte der biologische Vater in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. Um den gemeinsam mit seinem Partner gehegten Kinderwunsch zu erfüllen, ließ er in Indien eine dort von ihm erworbene Eizelle mit seinem Samen befruchten und anschließend einer indischen Staatsangehörigen einsetzen. Nach der Geburt des Kindes erkannte er die Vaterschaft an. Dem stimmte die Frau zu, die außerdem bestätigte, das Kind ausgetragen zu haben. Sie erklärte sich mit dessen Adoption durch den Lebenspartner des biologischen Vaters sowie mit der Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts durch beide Lebenspartner einverstanden. Nachdem der Vater in Indien einen deutschen Pass für das Kind erhalten hatte, reiste er zurück nach Deutschland und beantragte die Eintragung der Geburt. Das Standesamt sah sich an der Eintragung gehindert. Es bezweifelte, dass die als Leihmutter auftretende Frau das Kind tatsächlich zur Welt gebracht habe und dass sie ledig sei. In der Regel fungierten nämlich verheiratete Frauen, die bereits eigene Kinder zur Welt gebracht haben, als Leihmütter. Bei einer verheirateten Leihmutter jedoch könne der biologische Vater nach deutschem Recht die Vaterschaft nicht anerkennen, weil hiernach stets der Ehemann der Mutter als Vater des Kindes gelte. Überdies könne die hierzulande verbotene Leihmutterschaft nicht nachträglich durch einen Eintrag im Geburtenregister legalisiert werden. Diese Zweifel hat das OLG nicht geteilt: Durch eine entsprechende Urkunde der indischen Behörden sowie die eidesstattliche Versicherung der Frau sei hinreichend nachgewiesen, dass diese das Kind tatsächlich geboren habe. Daher gelte sie nach deutschem Recht als dessen Mutter. Auch der Umstand, dass die Frau unverheiratet war, sei durch ein Attest indischer Behörden und eine Erklärung ihres Bruders belegt. Somit habe zudem der biologische Vater die Vaterschaft wirksam anerkennen können. Bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Leihmutter eines in Indien geborenen Kindes zum Zeitpunkt der Geburt unverheiratet war und mit der Anerkennung der Vaterschaft durch den aus Deutschland stammenden, biologischen Kindsvater einverstanden ist, so hat das Standesamt diesen als Vater in der Geburtsurkunde einzutragen.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 26.04.2013, Aktenzeichen I-3 Wx 211/12

18.04.2013 Schaden durch Religionsunterricht&Schulgottesdienst

Durch die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht und Gottesdienst wird in das Grundrecht der Eltern auf Religionsfreiheit nicht eingegriffen. Auch wird den Kindern dadurch der christliche Glaube nicht aufgezwungen. Sie werden allenfalls mit verschiedenen Religionen, Gebräuchen und Aussagen sowie darüber hinaus mit den Grundlagen für das soziale Miteinander vertraut gemacht. Kindern, denen von ihren Eltern eine unchristliche Einstellung vermittelt wird, können sich behutsam von deren starrer Sichtweise lösen, sich Neuem öffnen und dafür aufgeschlossen sein. Diese Entwicklung kann durch die Religion und die damit verknüpften Grundregeln des Zusammenlebens gefördert werden, um den Kindern auf diese Weise eine weltoffene Sichtweise zu vermitteln.Die Teilnahme ermöglicht ihnen später eine bessere Grundlage für eine eigene Entscheidung für oder gegen die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, vermittelt ihnen eine fundierte Kenntnis über die christlichen Grundlagen der abendländischen Kultur und verschafft ihnen so ein größeres Verständnis für hiesige Grundregeln des Zusammenlebens.Die in Sakralbauten und ihrer Architektur verwirklichte Symbolik wird erst durch Kenntnis der darauf basierenden religiösen Vorstellungen verständlich. Die Teilnahme der Kinder am Religionsunterricht und Schulgottesdienst vermittelt ihnen erste und ihrem Grundschulalter entsprechende Kenntnisse darüber. Im Unterricht werden auch soziale Aspekte erörtert und im Lauf des Jahresrhythmus das Erntedankfest und Sankt Martin angesprochen. Die Vermittlung dieser Kenntnisse stellt einen wichtigen Baustein ihrer Ausbildung dar. Im zugrunde liegenden Falle wurde die Ehe der Eltern geschieden. Seit der Trennung lebten die 2006 geborenen Zwillinge bei der Mutter. Die Ausübung des Umgangsrechts durch den Vater war zu jeder Zeit von erheblichen Konflikten geprägt. Mit der Einschulung der Kinder, kam es zu einem Streit der konfessionslosen Eltern über die Teilnahme am Religionsunterricht und Schulgottesdienst. Der Vater wünscht eine Teilnahme und hat beantragt, ihm die alleinige Sorge darauf begrenzt zu übertragen. Die Mutter will hingegen von ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit Gebrauch machen. Bei der Erziehung der Kinder spiele Religion keine Rolle. Wie das Oberlandesgericht feststellte, ist eine Gefährdung der Kinder in beiden Fällen nicht zu befürchten, denn weder bei einer Teilnahme noch bei einer Nichtteilnahme am Religionsunterricht und Schulgottesdienst nehmen die Kinder Schaden.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 18.04.2013, Aktenzeichen 12 UF 108/12

26.03.2013 Vormund: Beschwerdeberechtigung von Großeltern

Das Recht der Großeltern auf Beachtung ihrer nahen Verwandtenstellung bei der Auswahl des Vormunds gewährt ihnen keine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), wenn sie bei der Bestellung zum Vormund übergangen wurden. Sie können jedoch gegen die Entscheidung des Rechtspflegers Erinnerung einlegen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.06.2013, Aktenzeichen XII ZB 31/13

22.03.2013 Beteiligung von Kindern an KG

Mit notariellem Vertrag wollten die Eltern mit ihren drei minderjährigen Söhnen eine vermögensverwaltende KG gründen. Gegenstand der KG sollte die Bewirtschaftung, Verwaltung und Verwertung des eigenen Vermögens sein. Jeder der drei Söhne sollte eine Kommanditeinlage in Höhe von 100 Euro erbringen. Die Einlage sollte durch schenkweise Einbringung diverser Immobilien in die KG durch die Eltern erbracht werden. Nach dem Gesellschaftsvertrag war eine Nachschusspflicht der Kommanditisten ausgeschlossen. Die Dauer der KG war bis zum 31.12.2030 angelegt. Die KG soll beim Ausscheiden des Komplementärs unter Umständen als GbR weitergeführt werden. Antragsgemäß bestellte das FamG Ergänzungspfleger für die minderjährigen Söhne. Die Eintragung der KG im Handelsregister unterblieb jedoch, weil das Arbeitsgericht die Erteilung eines Negativattests, dass keine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei, ablehnte. Eine solche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB sei erforderlich, könne aber noch nicht erteilt werden. Es sei nämlich noch ein Verkehrswertgutachten für die Werthaltigkeit der einzubringenden Immobilien vorzulegen. Zudem bestünden Bedenken gegen die Weiterführung der KG als GbR im Fall des Ausscheidens des Komplementärs. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hob das Oberlandesgericht (OLG) den Beschluss auf und entschied, dass es keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedürfe. Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass die persönliche Haftung der Kinder und ihr Verlustrisiko auf die von den Eltern zu erbringende Kommanditeinlage beschränkt sei. Deswegen sei die Anteilsübertragung rechtlich nicht nachteilig. Das Risiko, für Verbindlichkeiten zu haften, sei durch den Gegenstand des Unternehmens – die Verwertung des eigenen Vermögens ohne die Berechtigung zu gewerblicher Tätigkeit und die Beschränkung auf ihren Kapitalanteil als Kommanditisten – ausgeschlossen. Ein Erwerbsgeschäft liege vor, wenn neues Vermögen erworben werde, eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit geplant sei und die Gesellschafter unternehmerisches Risiko trügen. Das sei bei einer selbstgenutzten Immobilie nicht der Fall. Mangels Erwerbsgeschäfts bedürfe es deshalb keiner familiengerichtli-chen

Oberlandesgericht Jena, Beschluss vom 22.3.2013, Aktenzeichen 2 WF 26/13

20.02.2013 Verbleib des Hundes nach Scheidung

Ein gemeinsamer Hund der Eheleute, der mit im Haushalt lebt, wird bei der Ehescheidung nach den Regeln über die Verteilung von "Haushaltsgegenständen" aufgeteilt. In einer vor kurzem ergangenen Entscheidung hat der 5. Familiensenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts dem geschiedenen Ehemann eine Basset-Hündin zugesprochen, während der Boxerrüde und der Cocker Spaniel bei der geschiedenen Ehefrau verblieben. Zusammen mit drei Hunden lebten die Eheleute seit mehreren Jahren in einem Landhaus mit großem Grundstück. Sie lebten innerhalb desselben Hauses getrennt und sind zwischenzeitlich geschieden. Als der geschiedene Ehemann aus dem Landhaus ausziehen wollte, verlangte er die Mitnahme der Basset-Hündin. Die anderen beiden Hunde wollte er zurücklassen. Er behauptete, alleiniger Eigentümer der Basset-Hündin zu sein. Die geschiedene Ehefrau wollte alle drei Hunde behalten und behauptete ebenfalls, alleinige Eigentümerin der Basset-Hündin zu sein. Sie trug unter anderem vor, dass sie alleinige Bezugsperson aller drei Hunde sei. Zudem würden die drei Hunde eine Einheit bilden und im Falle einer Trennung leiden. Bereits das Familiengericht hatte in erster Instanz die Basset-Hündin dem geschiedenen Ehemann zugesprochen. Bei der Hündin handelt es sich um einen "Haushaltsgegenstand", weil das Halten von mehreren Hunden zur Gestaltung des Zusammenlebens der Eheleute gehörte. Davon, dass die geschiedene Ehefrau die einzige Bezugsperson für die drei Hunde gewesen ist, kann nicht ausgegangen werden. Dagegen spricht schon, dass der Ehemann unstreitig auch mit den Hunden spazieren ging. Zudem übernahm er im Jahr 2010 nach den Angaben der Ehefrau ausschließlich das Füttern der Hunde. Die Hündin gilt für die Verteilung als gemeinsames Eigentum der geschiedenen Ehegatten. Keiner der Ehegatten hat sein alleiniges Eigentum beweisen können. Allein der Umstand, dass die geschiedene Ehefrau die Hündin als Welpen bei einer Züchterin im Jahr 2007 gekauft hatte, reicht nicht aus, ihr Alleineigentum zu beweisen. Denn die Versicherung für die Hündin hatte der geschiedene Ehemann abgeschlossen und er zahlte auch die Hundesteuer. Die Überlassung und Übereignung der Basset-Hündin auf den geschiedenen Ehemann entspricht der Billigkeit. Denn der Cocker Spaniel und der Boxer verbleiben bei der geschiedenen Ehefrau. Der Cocker Spaniel verbleibt bei der Ehefrau, weil er in ihrem Alleineigentum steht. Sie hat den Hund während der Ehe von ihrem Mann geschenkt bekommen. Dass der Ehefrau damit die beiden älteren Hunde verbleiben, von denen sie vermutet, dass diese ihr alters- und krankheitsbedingt ohnehin bald nicht mehr zur Verfügung stehen werden, steht der Billigkeit nicht entgegen. Es besteht auch kein Anlass, von der Überlassung der Basset-Hündin auf den Ehemann deswegen abzusehen, weil die drei Hunde eine Einheit bilden. Die geschiedene Ehefrau hat in erster Instanz in Aussicht gestellt, den schwerhörigen Boxerrüden dem Ehemann zu überlassen. Das Weggeben des Boxers hätte ebenfalls eine - auch für die Hunde verkraftbare - Auflösung der Einheit bedeutet. Angesichts der unstreitigen Tatsache, dass der Boxer schwerhörig ist und die Beteiligten ihm deswegen in der Regel auf dem großen Grundstück und nicht im öffentlichen Straßenraum Auslauf gewähren, entspricht auch die Auswahl zwischen diesen beiden Hunden der Billigkeit. Der geschiedene Ehemann könnte dem Boxer angesichts seiner kleinen Wohnung nicht den Freiraum bieten, den die geschiedene Ehefrau zurzeit auf dem großen Grundstück zur Verfügung stellen kann.

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.02.2013, Aktenzeichen 15 UF 143/12

17.01.2013 Kindesunterhalt nach fiktivem Einkommen

Wer seinen minderjährigen Kindern Unterhalt zahlen muss, aber seinen bisherigen Job nicht mehr hat, kann nach einem fiktiven Gehalt beurteilt werden. So muss ein ehemaliger Berufskraftfahrer hinnehmen, dass bei der Berechnung seiner Unterhaltsschuld ein fiktives Einkommen als Grundlage genommen wird. Der Mann konnte dem Gericht nicht nachweisen, dass er sich um einen Job bemüht hatte, der seinen Fähigkeiten entspricht. Nach der Trennung von seiner Frau habe der Vater aber die Obliegenheit gehabt, eine den Mindestunterhalt seiner Kinder sichernde Erwerbstätigkeit auszuüben. Die geschiedenen Eltern hatten sich um die Unterhaltspflicht für den 14 Jahre alten Sohn und die 13 Jahre alte Tochter gestritten. Bis zur Trennung arbeitete der Mann als Berufskraftfahrer, 2011 wanderte er nach Südamerika aus und verweigerte dann die Zahlung mit dem Hinweis auf sein niedriges Einkommen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 17.01.2013, Aktenzeichen II-2 UF 53/12

05.12.2012 Vorwurf mangelnder Bewerbungsbemühungen

Genügt der Unterhaltsberechtigte seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren. Der Bundesgerichtshof stellt den Zusammenhang zwischen ehebedingtem Nachteil und angemessener Erwerbstätigkeit heraus. Kann man dem Unterhaltsberechtigten unterhaltsrechtlich vorwerfen, dass er nicht wieder in seinem früheren Beruf arbeitet, ist ihm fiktiv das dort erzielbare Einkommen zuzurechnen. Diese Bewertung erfolgt bereits bei der Feststellung seines Unterhaltsanspruchs, denn in Höhe dieses Einkommens wäre er überhaupt nicht unterhaltsbedürftig. Ist ein solcher Vorwurf hingegen nicht gerechtfertigt, kann er durch das geringere Einkommen, das er tatsächlich erzielt, seinen aktuellen Bedarf nur teilweise decken. In Höhe des Restbetrags bleibt er unterhaltsbedürftig. Hierfür trägt der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast. Wenn diese Frage aber bereits entschieden worden ist, kann der Unterhaltspflichtige im Rahmen des § 1578b BGB nicht mehr einwenden, der Unterhaltsberechtigte könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil erlitten (BGH, Urt. v. 27.01.2010 - XII ZR 100/08). Dies gilt dann, wenn diese Frage in einem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren bereits - rechtskräftig - entschieden wurde, aber auch, wenn der frühere Unterhalt in einem Vergleich festgesetzt worden ist. Haben die Beteiligten eine vorbehaltlose Vereinbarung geschlossen, darf der Unterhaltsberechtigte regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsobliegenheit zu genügen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.12.2012, Aktenzeichen XII ZB 670/10

21.11.2012 Tochter muss Heimaufenthalt der Mutter zahlen

Eine erwachsene Tochter, die ihre fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht darlegen oder nachweisen kann, hat sich an den Heimkosten der Mutter zu beteiligen. Im zugrunde liegenden Falle hatte das Oberlandesgericht Hamm die Tochter zur monatlichen Elternunterhaltszahlung in Höhe von 113 Euro verpflichtet. Sie habe nicht ausreichend dargelegt, welche Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sie und ihr als selbstständiger Versicherungsvertreter tätiger Ehemann erzielt hätten, auch nicht, welche Miete aus einem ihr gemeinsam mit ihrem Ehemann gehörenden Mietshaus eingenommen worden sei. Soweit sich die Frau zur Begründung ihrer fehlenden Leistungsfähigkeit auf das steuerlich maßgebliche Einkommen berufe, habe sie versäumt, ihre Einnahmen und Ausgaben so darzulegen, dass die nur steuerlich beachtlichen Aufwendungen von den unterhaltsrechtlich erheblichen Aufwendungen abgrenzbar seien.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.11.2012, Aktenzeichen II-8 UF 14/12

15.11.2012 Aufsichtspflicht in Bezug auf Internet-Tauschbörsen

Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Aktenzeichen I ZR 74/12

07.11.2012 Rückwirkende Unterhaltsforderung nach Bezifferung

Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch bereits beziffert, nachdem er zunächst von dem Unterhaltspflichtigen Auskunft gemäß § 1613 Abs. 1 BGB begehrt hat, so kann er nicht rückwirkend einen höheren Unterhalt verlangen, wenn der Unterhaltspflichtige bei der erstmals erfolgten Bezifferung nicht mit einer Erhöhung zu rechnen brauchte. Der Berechtigte kann für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. November 2012, Aktenzeichen XII ZB 229/11

25.10.2012 Verwirkter Elternunterhalt

Der Anspruch auf Elternunterhalt ist verwirkt, wenn der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat. Im zugrunde liegenden Falle wuchs das Kind bei der Mutter auf, hatte zum Vater kaum Kontakt. In der Trennungssituation wurde das Kind Zeuge und Opfer von Handgreiflichkeiten des Vaters und sollte (nunmehr im Erwachsenenalter) wegen der Heimkosten für den Vater in Anspruch genommen werden. Als der Vater-Kind-Kontakt abbrach, war das Kind bereits volljährig. Gleichwohl zieht das Oberlandesgericht aus § 1618a BGB (Eltern und Kinder sind einander Beistand und Rücksicht schuldig) den Schluss, dass es die Aufgabe des Vaters gewesen wäre, den endgültigen Bruch zu verhindern. § 1611 Abs. 1 BGB sieht vor, dass Unterhaltsansprüche verwirkt sind, wenn sich der Unterhaltsbedürftige vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII verhindert den Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger, wenn die Inanspruchnahme eine unbillige Härte wäre. Wer sich bewusst und dauerhaft von jeglichen Beziehungen persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinen Kindern ablöst, stellt sich selbst außerhalb des familiären Solidarverbands. Geschieht dies zudem in einer Weise, die für das nunmehr unterhaltspflichtige Kind traumatisierend wirkte, muss diesem die Auferlegung einer Zahlungspflicht in besonderer Weise als unbillig erscheinen. Dafür ist ausschlaggebend, dass der Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB sich nicht unmittelbar aus dem rechtlichen Status der Verwandtschaft legitimiert, sondern seine Wurzeln in der familiären Solidarität und Verantwortung hat. Diese gelten in einem Mehrgenerationenverhältnis lebenslang. Andererseits ist niemand gehalten, den Grundsatz der Solidarität auch tatsächlich zu leben, wenn es an der dafür erforderlichen tragfähigen familiären Bindung fehlt. Wer sich bewusst und dauerhaft aus jeglicher persönlichen und wirtschaftlichen Beziehung zu seinen nächsten Verwandten löst, entzieht sich selbst dem familiären Solidarsystem und kann dann auch keine solidarische Unterstützung mehr erwarten. Dies stünde in einem eklatanten Widerspruch zu dem eigenen Verhalten. In einer solchen Situation wird der eigene Elternteil "wie ein Fremder" empfunden, was die Auferlegung einer weiteren finanziellen Unterstützung schlechterdings als unbillig erscheinen lässt.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 25.10.2012, Aktenzeichen 14 UF 80/12

17.10.2012 Zum Zugewinnausgleich

Auch in Fällen, in denen der Kläger in erster Linie die Umkehr der Beweislast nach § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB erreichen will, besitzt er für den Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB ein Rechtsschutzbedürfnis. Es kann ihm nicht verwehrt werden, die für ihn günstigen Wirkungen der Gesetzesänderungen in der ab 1.9.2009 geltenden Fassung in Anspruch zu nehmen. Im zugrunde liegenden Falle hatten die Parteien im Juni 1997 geheiratet und sich nach einem Trennungsjahr im Jahr 2003 rechtskräftig scheiden lassen. Die im gesetzlichen Güterstand lebenden Parteien vereinbarten als Stichtag für das Endvermögen den 31.12.2002. Der Kläger erhob im Jahr 2005 Stufenklage u.a. auf Auskunft über das Endvermögen der Beklagten zum 31.12.2002. Nachdem der Kläger die Auskunftsstufe mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt hatte, beantragte er, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Zugewinnausgleich i.H.v. 57.754€ zu zahlen. Das Amtsgericht wies die Klage ab, da der Kläger beweisfällig dafür geblieben sei, dass das Endvermögen der Beklagten ihr Anfangsvermögen übersteige. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung beantragte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über ihr Vermögen zum 1.1.2002 (dem Zeitpunkt der Trennung) zu erteilen und an den Kläger einen nach Auskunftserteilung zu beziffernden Zugewinnausgleich zu zahlen. Das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft und verwies das weitere Verfahren zurück an das Amtsgericht. Die auf Klageabweisung gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem Bundesgerichtshof erfolglos.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.10.2012, Aktenzeichen XII ZR 101/10

18.06.2012 Fiktive Einkünfte bei Bemessung von Kindesunterhalt

In den vorliegenden Verfahren hat sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit den Voraussetzungen befasst, die an die Feststellung der Erwerbsfähigkeit und Erwerbsmöglichkeiten eines Unterhaltspflichtigen zu stellen sind. Reicht das Einkommen eines Unterhaltspflichtigen unter Wahrung seines Selbstbehalts nicht aus, um seine Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind in vollem Umfang zu erfüllen, können ihm grundsätzlich fiktiv die Einkünfte zugerechnet werden, die er erzielen könnte, wenn er eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit ausüben würde.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.06.2012, Aktenzeichen 1 BvR 774/10, sowie Aktenzeichen 1 BvR 1530/11 und Aktenzeichen 1 BvR 2867/11

14.06.2012 Kein Ausschluss für Ausgleichsansprüche Geschiedener

Die Verteidigung gegen Ausgleichsansprüche des geschiedenen Ehegatten zählt auch dann nicht zu den nach § 3 Abs.2 g ARB 08 ausgeschlossenen Rechtsangelegenheiten, wenn die Ansprüche in einem familiengerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Im zugrunde liegenden Fall ging es um einen vom geschiedenen Ehemann gegen seine Ex-Frau erhobenen Anspruch aus § 426 BGB wegen einer behaupteten gesamtschuldnerischen Haftung für die Kosten und Lasten des nach wie vor im gemeinsamen Eigentum stehenden Einfamilienhauses. Materiell handelte es sich dabei um keine familienrechtliche, sondern um eine im Schuldrecht anzusiedelnde Forderung; weswegen der Deckungsausschluss in § 3 Abs.2 g ARB 08 für einen Rechtsstreit aus dem Bereich des Familienrechts nicht griff. Es kommt allein auf die materiellrechtliche und nicht auf die prozessuale Zuordnung des Rechtsstreits an. Aufgrund dessen ergab sich etwas anderes auch nicht dadurch, dass die Ansprüche des Ehegatten im Rahmen einer familienrechtlichen Auseinandersetzung vor dem Familiengericht geltend gemacht wurden.

Landgericht Bremen, Beschluss vom 14.06.2012, Aktenzeichen 6 T 294/12

10.05.2012 Grundstückserwerb vom früheren Ehegatten

Überträgt ein geschiedener Ehegatte seinen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück auf seinen ehemaligen Ehepartner, fällt nur dann keine Grunderwerbsteuer an, wenn Anlass für die Vermögensübertragung die Scheidung und nicht andere Gründe waren. Nach § 3 Ziffer 5 Grunderwerbsteuergesetz ist zwar der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ohne zeitliche Beschränkung von der Besteuerung ausgenommen. Im Urteilsfall fehlt es jedoch an der erforderlichen Ursächlichkeit der Scheidung für die Vermögensauseinandersetzung. Die Vermögensauseinandersetzung sei nach der Scheidung zunächst verschoben worden, weil der Mutter der Klägerin die dauerhafte Grundstücksnutzung ermöglicht worden sei. Erst der Tod der Mutter sei Anlass für die Vermögensübertragung gewesen. Dies betreffe aber nicht die eigentlichen ehelichen Beziehungen der früheren Eheleute und damit auch nicht den Begünstigungszweck der gesetzlichen Steuervergünstigung des § 3 Ziffer 5 Grunderwerbsteuergesetz.

Finanzgericht Hessen, Urteil vom 10.5.2012, Aktenzeichen 5 K 2338/08

18.04.2012 Versorgungsausgleich privater Rentenversicherungen

Private Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht unterfallen nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nicht mehr dem Versorgungsausgleich, selbst wenn das Kapitalwahlrecht nach Ende der Ehezeit vor der letzten tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt wurde. Es kommt lediglich ein güterrechtlicher Ausgleich in Betracht.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2012, Aktenzeichen XII ZB 325/11

12.04.2012 Inzestverbot für Geschwister

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtkonventionen wird durch das Inzestverbot für Geschwister im deutschen Strafrecht nicht verletzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies die Beschwerde eines Mannes aus Leipzig zurück, der zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war, weil er mit seiner leiblichen Schwester vier Kinder gezeugt hatte. Der Beschwerdeführer (geb. 1976) ist deutscher Staatsangehöriger und lebt in Leipzig. Als Siebenjähriger wurde er von einer Pflegefamilie adoptiert, nachdem er als Dreijähriger zunächst in einem Kinderheim untergebracht worden war. Nach seiner Adoption hatte er jahrelang keinen Kontakt zu seiner leiblichen Familie. Erst als er im Jahr 2000 wieder Kontakt aufnahm, erfuhr der Beschwerdeführer, dass er eine 1984 geborene leibliche Schwester hat. Nach dem Tod ihrer Mutter im Dezember 2000 entwickelte sich eine Liebesbeziehung zwischen den Geschwistern. Sie lebten mehrere Jahre zusammen und bekamen zwischen 2001 und 2005 vier gemeinsame Kinder. Nach mehreren Vorstrafen wegen seiner Inzestbeziehung verurteilte das Arbeitsgericht Leipzig den Beschwerdeführer im November 2005 wegen Beischlafs zwischen Verwandten in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten, demzufolge seine Schwester eine ängstlich zurückgezogene Persönlichkeitsstruktur habe und in hohem Maße von ihm abhängig sei, schlussfolgerte das Gericht, sie sei nur teilweise schuldfähig und sah in ihrem Fall von einer Strafe ab. Nachdem das Oberlandesgericht Dresden das Urteil bestätigt hatte, legte der Beschwerdeführer eine Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung ein. Das Bundesverfassungsgericht wies die gegen die Verurteilung eingelegte Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zurück. Die Strafbarkeit des Beischlafs zwischen leiblichen Geschwistern nach dem StGB stelle keinen Eingriff in den Kernbereich privater Lebensgestaltung dar. Wichtigster Grund für die Strafbarkeit sei der Schutz von Ehe und Familie, da Inzestverbindungen zu einer Überschneidung von Verwandtschaftsverhältnissen und sozialen Rollenverteilungen führten. Darüber hinaus seien der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung und die Gefahr erheblicher Schädigungen der aus einer solchen Beziehung hervorgegangenen Kinder Gründe für das Verbot. Der Gerichtshof schloss nicht aus, dass die Verurteilung eine Beeinträchtigung seines Familienlebens darstellte. In jedem Fall war zwischen den Parteien unumstritten, dass die Verurteilung einen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 darstellte, das auch sein Sexualleben mit einschloss. Seine Verurteilung war nach dem deutschen Strafgesetzbuch, das sexuelle Beziehungen zwischen leiblichen Geschwistern unter Strafe stellt und auf den Schutz der Moral und der Rechte anderer abzielt, gesetzlich vorgeschrieben. Daher verfolgte die Verurteilung einen legitimen Zweck im Sinne von Artikel 8. Der Gerichtshof war der Auffassung, dass die deutschen Behörden bei der Entscheidung, wie mit Inzestbeziehungen zwischen erwachsenen Geschwistern umzugehen sei, einen weiten Beurteilungsspielraum hatten. Zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats besteht kein Konsens hinsichtlich der Frage, ob einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Geschwistern eine Straftat darstellen. In einer Mehrheit der Staaten sind solche Beziehungen allerdings strafbar. Darüber hinaus verbieten alle vom Gerichtshof in einer rechtsvergleichenden Untersuchung berücksichtigten Rechtssysteme, einschließlich derjenigen, die keine Strafbarkeit sexueller Beziehung vorsehen, die Ehe zwischen Geschwistern. Folglich besteht ein breiter Konsens dahingehend, dass sexuelle Beziehungen zwischen Geschwistern weder in der Rechtsordnung noch in der Gesellschaft im Allgemeinen anerkannt sind. Darüber hinaus gibt es keinen Beleg für die Annahme eines allgemeinen Trends zur Entkriminalisierung solcher Beziehungen. Schließlich berücksichtigte der Gerichtshof, dass der Fall eine Frage moralischer Maßstäbe betraf, in der Staaten nach seiner Rechtsprechung einen weiten Beurteilungsspielraum haben, wenn zwischen den Staaten kein Konsens besteht. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine sorgfältige Abwägung der Argumente für und gegen die Strafbarkeit sexueller Beziehungen zwischen Geschwistern vorgenommen und war zu der Auffassung gelangt, dass mehrere Strafzwecke zusammengenommen die Verurteilung des Beschwerdeführers rechtfertigten, darunter der Schutz der Familie, die sexuelle Selbstbestimmung und die öffentliche Gesundheit, vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Überzeugung, dass Inzest strafwürdig sei. Es hatte berücksichtigt, dass sexuelle Beziehungen zwischen Geschwistern Familienstrukturen, und folglich die Gesellschaft insgesamt, ernsthaft beeinträchtigen könnten. Die sorgfältige Prüfung des Bundesverfassungsgerichts zeigte sich überdies auch darin, dass der Entscheidung eine ausführliche abweichende Meinung eines Richters beigefügt war. Nach Überzeugung der deutschen Gerichte die Schwester im Alter von sechzehn Jahren nach dem Tod ihrer Mutter eine Beziehung mit dem sieben Jahre älteren Bruder eingegangen. Sie habe an einer schweren Persönlichkeitsstörung gelitten und sei in hohem Maße von ihm abhängig gewesen. Die deutschen Gerichte hatten die Schlussfolgerung gezogen, dass sie nur teilweise schuldfähig sei. Vor diesem Hintergrund befand der Gerichtshof, dass die von den deutschen Gerichten verfolgten Zwecke nicht unangemessen waren. Der Gerichtshof gelangte daher zu der Auffassung, dass die deutschen Gerichte ihren Beurteilungsspielraum bei der Verurteilung nicht überschritten hatten. Folglich lag keine Verletzung von Artikel 8 vor.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Veröffentlichung vom 12.04.2012, Beschwerde-Nr. 43547/08

22.03.2012 Anfechtungsklagen leiblicher Väter

In seinen am 22.03.2012 verkündeten Kammerurteilen in den Verfahren Ahrens gegen Deutschland (Beschwerdenummer 45071/09) und Kautzor gegen Deutschland (Beschwerdenummer 23338/09), die noch nicht rechtskräftig sind, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unlängst fest, dass keine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und keine Verletzung von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Menschenrechtskonvention vorlag. Beide Fälle betrafen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, Klagen zur Anfechtung der Vaterschaft abzuweisen, die die Beschwerdeführer erhoben hatten. Einer der Beschwerdeführer ist leiblicher Vater einer Tochter, der andere mutmaßlich leiblicher Vater einer Tochter; rechtlicher Vater ist jeweils ein anderer Mann, der mit der Kindesmutter zusammen lebt.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteile vom 22.03.2012, Aktenzeichen 45071/09 sowie 23338/09

07.03.2012 Berücksichtigung vorehelicher Kinderbetreuung

Die geraume Zeit vor Eheschließung aufgenommene Kinderbetreuung und ein damit verbundener Arbeitsplatzwechsel begründen keinen ehebedingten Nachteil. Die Zeit der vorehelichen Kinderbetreuung ist auch nicht der Ehedauer zuzurechnen. Ein ehebedingter Nachteil kann sich allerdings aus der Fortsetzung der Kinderbetreuung nach der Eheschließung ergeben, soweit ein Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet. Er kann darin bestehen, dass der Ehegatte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe eine dauerhafte Einkommenseinbuße erleidet.

Bundesgerichtshof, Urteil 07.03.2012, Aktenzeichen XII ZR 25/10

18.01.2012 Rentenversicherung aus vorehelichem Vermögen

Auch eine private Rentenversicherung, die ein Ehegatte nach vertraglich vereinbarter Gütertrennung mit Mitteln seines vorehelich erworbenen Privatvermögens begründet hat, ist grundsätzlich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Dabei steht der Grundsatz, dass die während der Ehezeit von einem oder gegebenenfalls von beiden Ehegatten erworbenen Versorgungsanwartschaften regelmäßig zur Hälfte aufgeteilt werden, im Einklang mit der Idee der ehelichen Gemeinschaft, der ein rechnerisches Abwägen sowohl der beiderseitigen Leistungen und Verdienste für die Gemeinschaft als auch der Teilhabe an gemeinschaftlichen Rechtspositionen im allgemeinen widersprechen würde.Diesem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs widerspricht es nicht, auch die von nur einem Ehegatten erworbenen privatrechtlichen Anrechte in den Ausgleich einbezogen werden. Nach dem Leitgedanken der auf Lebenszeit angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft sollte die private Rentenversicherung der gemeinsamen Unterhaltssicherung im Alter dienen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.01.2012, Aktenzeichen XII ZB 213/11

18.01.2012 Selbstbehalt eines Rentners

Es ist nicht zu beanstanden, einem Elternteil gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines erwachsenen Kindes, das seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbständigkeit wieder verloren hat, einen ebenso erhöhten angemessenen Selbstbehalt zu belassen, wie ihn die unterhaltsrechtlichen Tabellen und Leitlinien für den Elternunterhalt vorsehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.01.2012, Aktenzeichen XII ZR 15/10

01.01.2012 Keine neue Düsseldorfer Tabelle in 2012

Für das aktuelle jahr 2012 gibt das Oberlandesgericht Düsseldorf keine neue Düsseldorfer Tabelle heraus, da weder gesetzliche noch steuerliche Änderungen eine Anpassung erfordern. In dieser Tabelle werden in Abstimmugn mit den Oberlandesgerichten sowie dem Deutschen Familiengerichtstag Unterhaltsleitlinien, wie beispielsweise Regelsätze für den Kindesunterhalt festgelegt. Es gelten für das Jahr 2012 somit immer noch die Unterhaltsbeträge und die einem Unterhaltspflichtigen verbleibenden Selbstbehaltsätze aus der Tabelle des Jahres 2011.

01.01.2012 Übertragung des Kinderfreibetrages

Ist der an sich barunterhaltspflichtige Elternteil nicht leistungsfähig, so kann seit 1.1.2012 auf Antrag dessen halber Kinderfreibetrag (2184 Euro) auf den anderen Elternteil übertragen werden. Bisher war dies nur möglich, wenn der Barunterhaltspflichtige seiner Leistungspflicht im Wesentlichen (75 %) nicht nachkam. Der Betreuungsfreibetrag (1320 Euro) kann hingegen nicht alleine auf den Betreuenden übertragen werden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil die Betreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.

07.12.2011 Dreiteilung des Einkommens

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbestimmung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren. Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten oder für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt der jeweiligen Mutter sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Dieses kann zu einem sog. relativen Mangelfall führen, nämlich wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Andere unterhaltsberechtigte Personen (z.B. die neue Ehefrau des Unterhaltspflichtigen) finden entsprechend ihrem Rang Berücksichtigung. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte gleichrangig, hat im Rahmen der Leistungsfähigkeit eine Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens zu erfolgen, wobei „individuelle Billigkeitserwägungen“ nicht ausgeschlossen sind.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2011, Aktenzeichen XII ZR 151/09

30.11.2011 Kindergeld für Volljährige einkommensunabhängig

Eltern von volljährigen Kindern bzw. Volljährige selbst können durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 rückwirkend ab 2011 Kindergeld beziehen, und zwar unabhängig von der Höhe der Einkünfte des Kindes. Die bisher gültigen Einkommensgrenzen von 8004 Euro wurden für Erststudium/- ausbildung gestrichen. Befindet sich ein Kind in einer zweiten Ausbildung, darf dessen Wochenarbeitszeit aus einer Nebentätigkeit 20 Stunden nicht überschreiten.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.11.2011, Aktenzeichen XII ZB 344/10

09.11.2011 Kindesmutter muss Scheinvater Auskunft geben

Dem Scheinvater steht nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person zu, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch die Rechte anderer: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiegt regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 9.11.11, Aktenzeichen XII ZR 136/09

21.09.2011 Anzahl der Bewerbungen lediglich Indiz

Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchssteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr, wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance, vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des - ggf. beweisbedürftigen - Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind. Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und geboten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln. Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen Unterhaltszahlungen, wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muss erkennen lassen, dass alle wesentlichen Faktoren berücksichtigt worden sind.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.09.2011, Aktenzeichen XII ZR 121/09

07.09.2011 Versorgungsausgleich

Der zum Vollzug der externen Teilung zum Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu zahlende Ausgleichswert ist grundsätzlich ab Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2011, Aktenzeichen XII ZB 546/10

07.09.2011 Übertragung der elterlichen Sorge

Im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge führt ein erheblicher Interessensgegensatz zwischen Kind und Eltern nicht notwendigerweise zur Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands macht als milderes Mittel die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft entbehrlich.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.09.2011, Aktenzeichen XII ZB 12/11

19.05.2011 Versorgungsausgleich auch bei nur 2-jähriger Ehe

Auf Antrag eines Ehegatten hin kann die Durchführung des anlässlich einer Ehescheidung grundsätzlich vorzunehmenden Versorgungsausgleichs ausgeschlossen werden, wenn dies für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen würde. Neben anderen Unbilligkeitsgründen (z.B. Verletzung der Unterhaltspflicht) kann auch die kurze Ehezeit bei der Bewertung des Vorliegens einer groben Unbilligkeit zu berücksichtigen sein. Bestand die Ehe jedoch mindestens zwei Jahre, ist auch versorgungsrechtlich von einer ehelichen Lebensgemeinschaft auszugehen. Sofern nicht andere gravierende Unbilligkeitsgründe vorliegen, ist auch bei einer derart kurzen Ehedauer der Versorgungsausgleich durchzuführen.

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 19.05.2011, Aktenzeichen 1 UF 93/11

11.05.2011 Hausratsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten

Gemäß § 1568b BGB kann jeder Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehepartner anlässlich der Scheidung die im gemeinsamen Eigentum stehenden oder gemeinsam angeschafften Haushaltsgegenstände überlässt und übereignet, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Der Ehegatte, der sein Eigentum an Hausratsgegenständen an den anderen überträgt, kann hierfür eine angemessene Ausgleichszahlung verlangen. Von dieser Regelung sind nicht die Hausratsgegenstände erfasst, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen (z.B. Aussteuer) und daher nicht dem anderen Ehegatten zugewiesen werden können. Ein Wertausgleich für diese Gegenstände, die durchaus beträchtliche Werte darstellen können, ist im Wege des Zugewinnausgleichs vorzunehmen, bei dem Anfangs- und Endvermögen der Ehegatten gegenübergestellt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2011, Aktenzeichen XII ZR 33/09

24.02.2011 Kindesunterhalt: Fortgesetzte freiberufliche Tätigkeit

Geht ein seinem Kind unterhaltspflichtiger Elternteil trotz Wegfall der Erwerbsobliegenheit einer Erwerbstätigkeit nach, richtet sich die Bemessung seines unterhaltsrelevanten Einkommens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, da es im Einzelfall unterschiedliche Gründe dafür gibt, ungeachtet des Alters weiterzuarbeiten. Setzt ein niedergelassener Arzt nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze von 65 Jahren und trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen seine freiberufliche Tätigkeit fort, ist die Arbeitsleistung unterhaltsrechtlich als überobligatorisch anzusehen. Dies hat zur Folge, dass das aus der Weiterarbeit erzielte Erwerbseinkommen bei der Berechnung des Kindesunterhalts lediglich zu 50 Prozent anzurechnen ist.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2011, Aktenzeichen 2 UF 45/09

08.02.2011 Erfolgreiche Vatersuche über Handynummer

Bleibt ein sogenannter One-Night-Stand nicht ohne Folgen, kann sich der Vater des daraus hervorgegangenen Kindes vor Unterhaltsforderungen auch dann nicht mehr sicher sein, wenn er seinen Nachnamen nicht preisgegeben hat. Die Handynummer genügt. Das Amtsgericht Bonn hat auf Klage der sorgeberechtigten Mutter dem Kind einen Auskunftsanspruch gegenüber der Telekom zugesprochen, die nun den Namen des Anschlussinhabers und mutmaßlichen Vaters mitteilen muss.

Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 08.02.2011, Aktenzeichen 104 C 593/10

08.02.2011 Kindesunterhalt: Keine Nebentätigkeitsverpflichtung

Eltern trifft gegenüber ihren minderjährigen Kindern eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Sie müssen alles Zumutbare tun, um den Unterhalt der Kinder sicherzustellen. Dies kann selbst bei einem Vollzeitbeschäftigten zur Aufnahme einer zumutbaren Nebentätigkeit nach Feierabend oder am Wochenende verpflichten. Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit wird nur dann verneint, wenn der unterhaltspflichtige Vater seine Vollzeitbeschäftigung in Wechselschicht ausübt und dadurch besonderen Belastungen ausgesetzt ist.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 08.02.2011, Aktenzeichen 9 WF 123/10

24.08.2010 Nichtbetreiben eines Scheidungsantrags

Ein Ehepaar schloss, nachdem es sich getrennt und der Ehemann einen Scheidungsantrag eingereicht hatte, eine umfassende Scheidungsvereinbarung. Da beide Eheleute hinsichtlich ihrer Ansprüche auf die betriebliche Altersversorgung bei einer Scheidung Nachteile befürchteten, betrieben sie das Verfahren nicht weiter. Das Scheidungsverfahren wurde 21 Jahre lang nicht weiter verfolgt, bis der Ehemann schließlich verstarb. Die Witwe stritt nunmehr mit den Kindern des Verstorbenen um dessen Erbe. Diese beriefen sich auf die Vorschrift des § 1933 BGB. Danach ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das Nichtbetreiben eines Scheidungsantrags über die Dauer von 21 Jahren wurde als Ausdruck der endgültigen Aufgabe des Scheidungswillens mit der Folge der Nichtanwendbarkeit des § 1933 BGB gewertet. Dies hatte zur Folge, dass die “Nochehefrau” zusammen mit den Kindern gesetzliche Erbin wurde.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 24.08.2010, Aktenzeichen 5 W 185/10