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Aktuelles

04.09.2017 Auch bei hoher Ähnlichkeit zweier Zeichen nicht zwangsläufig Verwechselungsgefahr

Bei hoher Ähnlichkeit zweier Marken liegt nicht zwangsläufig eine Verwechslungsgefahr vor

Eine hohe klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit zwischen zwei Wortmarken bzw. Kennzeichen führt nicht zwangsläufig zu einer Verwechslungsgefahr. Der BGH stellte in einer aktuellen Entscheidung erneut fest, dass der Sinngehalt der gegenüberstehenden Kennzeichen ebenfalls berücksichtigt werden müsse. Hierbei komme es nicht auf den Bedeutungsgehalt der gegenüberstehenden Marken an, sondern ausschließlich auf die Sicht des angesprochenen Verkehrs.

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um die beiden Wortmarken "Medicon-Apotheke" und "MediCo Apotheke". Bei diesen sei jedoch von einer Verwechslungsgefahr auszugehen, da das durchschnittliche Publikum das Wort "Medicon" nicht zwangsläufig als Zusammensetzung der Worte "Medizin" und "Consulting" verstehe.

BGH, Urt. v. 02.03.2017, Az.: I ZR 30/16

BGH, Urt. v. 02.03.2017, Az.: I ZR 30/16

09.06.2017 Vorbenutzungsrecht für Design nur bei Vorbereitungshandlungen im Inland

Vorbenutzungsrecht für Design setzt Vorbereitungshandlungen im Inland voraus

In dem vom BGH zu entscheidenen Fall wendete sich die Inhaberin eines eingetragenen Designs für ein Bettgestell gegen den Vertrieb des Bettgestells MALM bei IKEA. 

IKEA bereief sich auf ein Vorbenutzungsrecht aus § 41 GeschmMG/DesignG in Bezug auf den Vertrieb des Bettgestells BERGEN, dass ein identisches Design auswies. Sie habe vor dem Anmeldetag des klägerischen Designs schon Vorbereitungshandlungen für den Vertrieb des Modells BERGEN auch in Deutschland getroffen. Dies Handlungen erforlgten jedoch im Ausland. Nach der Entscheidung des BGH hätten deise Handlungen jedoch im Inland erfolgen müssen

BGH, Urtl. v. 29.06.2017, Az. I ZR 9/16

BGH, Urtl. v. 29.06.2017, Az. I ZR 9/16

27.04.2017 Filesharing und Zeugnisverweigerungsrecht

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat in seinem Urteil die Klage gegen den durch uns vertretenen Anschlussinhaber abgewiesen. Die Familienmitglieder, welche durch die Klägerin als Zeugen benannt wurden, um dem Beklagten die angebliche Verletzung von Urheberrechten nachzuweisen, hatten sich auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen. In seinen Entscheidungsgründen führt das Gericht aus, dass dies jedoch keine Auswirkung auf die grundsätzlich der Klägerin obliegende Beweislast hat: "Die Berufung der Zeugen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kann zivilprozessual nicht dem Beklagten angelastet werden, zumal aus einer Zeugnisverweigerung iRd. Beweiswürdigung keine nachteilige Schlüsse gezogen werden dürfen."

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 01.03.2017 - 29 C 2806/16 (46)

16.02.2017 Fernseher in Hotelzimmern stellen keine öffentliche Wiedergabe dar

Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass die Wiedergabe von Fernseh- und Hörfunksendungen über in Hotelzimmern aufgestellte Fernsehgeräte keine Wiedergabe an einem Ort darstellt, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich ist.

EuGH, Urteil vom 16.2.2017, Az. C-641/15

18.08.2015 Haftung von Youtube

Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte sich in dem urheberrechtlichen Verfahren zwischen der Rechteverwertungsgesellschaft GEMA und Youtube mit der Frage der Unterlassungsverpflichtung von Youtube, beim Upload von urheberrechtlich geschützten Videos auf der Online Plattform. Gegenstand des Verfahrens waren verschiedene Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht wurden, obwohl sie an den Musiktiteln keine Rechte hatten.

In dem Berufungsverfahren hat der Senat in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung bejaht. Danach sind die Betreiber von Internetangeboten wie YouTube zwar zunächst nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Erfolgt allerdings ein klarer Hinweis auf eine Rechtsverletzung, muss das konkrete Angebot unverzüglich gesperrt werden und Vorsorge getroffen werden, dass es nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt (Quelle: Justizportal Hamburger Justiz vom 01.07.2015).

OLG Hamburg, Urteil vom 01.07.2015 - 5 U 87/12

02.07.2015 Zufällig mit Prominenten fotografiert und veröffentlicht

Die "BILD" veröffentlichte ein Foto eines bekannten Fußballspielers während eines Strandurlaubs auf Mallorca. Zufällig mit auf dem Bild zu sehen war eine Urlauberin, die die "BILD" auf Unterlassung und Schadenersatz verklagte.

Der BGH entschied nun, dass ein Unterlassungs-, jedoch kein Schadensersatzabspruch besteht. Grundsätzöich muss gemäß § 22 Kunsturhebergesetz von demjenigen, der auf einem Foto zu sehen ist die Einwilligung zur Veröffentlichung eingeholt werden. Eine Einwilligung lag micht vor. Die nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Der Begriff des Zeitgeschehens wird im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit ausgelegt und umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind.

Eine solches Zeitgeschehen lag hier nach Ansicht der Richter aber nicht vor, da das Bild die Klägerin und den Fußballprofi eindeutig in einer privaten Situation zeige. Das Interesse der Öffentlichkeit sei in solch einem Fall, in dem ein bekannter Fußballer Urlaub mache, immer den jeweiligen Persönlichkeitsrechten hinten anzustellen. Unerheblich sei auch hier, dass die Klägerin nicht Hauptbestandteil des Fotos war und auch nicht, wie die Beklagte anführte, im Interesse der Leserschaft stehe.

Einen Geldentschädigungsanspruch für die Klägerin sahen die Karlsruher Richter allerdings nicht, da es hierfür einen besonders schwerden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte erfordere, der in diesem Fall nicht gegeben sei.

BGH Urteil vom 21.4.2015, Az: VI ZR 245/14

13.05.2015 Bilder einer Veranstaltung im Internet

Bei einem Event mit Prominenten, wurde eine vom Veranstalter angestellte Hostess im Beisein eines Prominenten fotografiert. Das Foto wurde auf einem Internetportal hochgeladen. Die Hostess verklagte den Seitenbetreiber und forderte im Verfahren die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung der angefallenen Anwaltskosten.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 11.11.2014 – Az. VI ZR 9/14) hat die geltend gemachten Ansprüche verneint. Es vertrat dabei die Auffassung, dass die Hostess vor dem Beginn der Tätigkeit konkludent ihr Einverständnis zur Anfertigung und Veröffentlichung von Fotos erklärt habe. Der Bundesgerichtshof begründete dies damit, dass die Promotion-Agentur bei der die Hostess angestellt war, ihre Mitarbeiterinnen vorher über die Tätigkeit informiert hatte und dabei explizit erwähnt wurde, dass Fotoaufnahmen gemacht werden.

BGH Urteil vom 11.11.2014 – Az. VI ZR 9/14

04.02.2015 Streitwert bei Urheberrechtsverletzungen im Internet

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass bei der unberechtigten Nutzung von Fotografien, die online genutzt werden,ein Streitwert für das darauf folgende Unterlassungsverfahren in Höhe von 7.500,00€ angemessen ist.

In dem vom Landgericht Hamburg entschiedenen Fall hatte ein Unternehmer ein urheberrechtlich geschütztes Foto im Internet verwendet, ohne die Einwilligung des Rechteinhabers einzuholen. Das Gericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass bei der Bestimmung des Streitwertes vor allem der Umfang der drohenden Verletzung und die Vorgehensweise des Beklagten zu bewerten sind.

Wichtig ist jedoch klar zu stellen, dass es in diesem Bereich jedoch immer auf den konkreten Einzelfall in der Bewertung ankommt und sich deshalb auch höhere oder niedrigere Bemessungen des Streitwert ergeben können.

LG Hamburg, Beschluss vom 17.12.2014 - Az.: 310 0 162/14

10.07.2014 Fehlende Unterscheidungskraft bei "Gute Laune Drops"

Wie der Bundesgerichtshof unlängst entschied, erfolgte die Löschung der Wort-/Bildmarke „Gute Laune Drops“ für u.a. die Waren „Süßigkeiten“, „Bonbons“ und „Pastillen“ wegen fehlender Unterscheidungskraft zu Recht. Die Löschung eben jener, bereits eingetragenen Marke erfolgte nach § 50 Abs.1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Voraussetzung dafür ist, dass es der Marke in Hinblick auf die für sie eingetragenen Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft fehlt. Davon kann immer dann ausgegangen werden, wenn das Zeichen nicht geeignet ist, vom Verkehr als Hinweis auf die Herkunft der betroffenen Waren und Dienstleistungen verstanden zu werden. Beschreibenden Begriffen fehlt diese Eignung zur Unterscheidung regelmäßig; schließlich kennzeichnen sie zwar die Ware bzw. Dienstleistung selbst, offenbaren jedoch nicht die Herkunft der Ware. Für viele der vorliegend geschützten Waren hat das Gericht eine solche beschreibende Bedeutung der Wortfolge „Gute Laune Drops“ angenommen und eine Löschung folglich bejaht. Der Verkehrs verstünde unter „Gute Laune Drops“ spezielle Bonbons, sprich, Waren die mit Drops garniert sind oder die die Form eines solchen Bonbons haben können. Für Waren, die eine solche Form aufweisen oder mit Drops garniert werden können, liegt folglich eine beschreibende Angabe vor. „Gute Laune“ sei als allgemein anpreisende Werbeaussage nicht als Herkunftshinweis für die fraglichen Waren zu sehen. Die graphische Gestaltung der Marke weise keine eigenen charakteristischen Merkmale auf und sei folglich nicht geeignet, herkunftshinweisend zu wirken. Auch ein vom Markeninhaber behaupteter Vertrauensschutz wegen langjähriger Eintragung der Marke ändert an dieser Beurteilung nichts. Das Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung sachbezogener Kennzeichnungen überwiegt einen etwaigen Vertrauens- oder Bestandsschutz des Markeninhabers.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.07.2014, Aktenzeichen I ZB 18/13

19.02.2014 Unterscheidungskraft des Markenwortes "HOT"

Hat ein Markenwort (hier "HOT") mehrere Bedeutungen (hier neben "heiß" auch "scharf, scharf gewürzt und pikant" in Bezug auf Geschmack und im übertragenen Sinn auch "sexy, angesagt, großartig"), die sämtlich in Bezug auf die eingetragenen Waren (hier unter anderem Reinigungsmittel, Körperpflegemittel, Nahrungsergänzungsmittel, Druckereierzeugnisse und Bekleidung) beschreibend sind, reicht der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus. Es fehlt einer Marke folglich dann an Unterscheidungskraft, wenn die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.02.2014, Aktenzeichen I ZB 3/13

30.01.2014 Unlautere Behinderung durch bösgläubige Anmeldung

Eine Marke kann auch wegen unlauterer Behinderung aufgrund einer bösgläubigen Anmeldung rückwirkend gelöscht werden, so dass sämtliche markenrechtlichen Ansprüche auch rückwirkend entfallen. Teilweise werden Marken mit dem Ziel angemeldet oder erworben, Mitbewerbern die Vermarktung ihrer eigenen Produkte zu erschweren. Diejenigen, die in einer solchen Konstellation markenrechtliche Ansprüche geltend machen, müssen mit dem Risiko leben, dass der bösgläubige Erwerb und Einsatz von Marken zu einer Löschung der Markenrechte wegen Behinderung nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG führen kann. Die Durchsetzung markenrechtlicher Ansprüche ist von Anfang an unbegründet, wenn die Marken rückwirkend nach § 52 Abs. 1 oder Abs. 2 MarkenG auf den Tag der Erhebung der Klage gelöscht werden. Gleiches gilt für Abmahnkosten, wenn die Rückwirkung der Löschung der Marke auf den Zeitpunkt einer Abmahnung wirkt. Diese Entscheidung verdeutlicht auch, dass die Anmeldung und der Erwerb von Marken dann wettbewerbsrechtlich unzulässig sein kann, wenn damit eine Behinderung im Wettbewerb bezweckt wird, um beispielsweise identische und verwechslungsfähige Kennzeichen zu belegen und somit über das Markenrecht den zulässigen Vertrieb eines Produkts zu verhindern.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.01.2014, Aktenzeichen I ZR 107/10

08.01.2014 Wortmarke mit graphischer Gestaltung

Wird eine Wortmarke dergestalt benutzt, dass das Wortzeichen graphisch oder farblich gestaltet wird oder bildliche Elemente hinzugefügt werden, ist für die Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung gemäß § 26 Abs. 3 MarkenG maßgeblich, ob diese weiteren Elemente einen Bezug zur Funktion der Marke als Herkunftshinweis haben oder lediglich allgemeine Sachangaben oder werbliche Hervorhebungsmittel sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Marken auf der Produktverpackung in der Praxis regelmäßig nicht isoliert verwendet werden, sondern dem Verkehr häufig verbunden mit weiteren Angaben, Zeichen, Aufmachungen und Farben entgegentreten. b)Ist eine Bezeichnung aus zwei Wortzeichen gebildet, die jeweils für sich genommen und eindeutig räumlich zugeordnet mit dem Zusatz ® versehen und zudem durch ein Pluszeichen im Sinne einer gleichwertigen Aufzählung verbunden sind (hier: "PRAEBIOTIK® + PROBIOTIK®"), bestehen deutliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Verkehr in der benutzten Form zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.01.2014, Aktenzeichen I ZR 38/13

28.11.2013 Universitäten und Urheberrecht

Universitäten dürfen den Teilnehmern einer Lehrveranstaltung nur dann Teile eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf einer elektronischen Lernplattform zur Verfügung stellen, wenn diese Teile höchstens 12% des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten ausmachen und der Rechtsinhaber der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten hat. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind unter "kleinen" Teilen eines Werkes entsprechend einem zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort und den Bundesländern geschlossenen "Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für das Öffentlich-Zugänglichmachen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen", der gleichfalls Sprachwerke betrifft, höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen. Darüber hinaus sei eine - vom BGH mit 100 Seiten definierte - Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erlaube die Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugänglichmachen auch dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist ein Zugänglichmachen allerdings nicht geboten im Sinne von § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2013, Aktenzeichen I ZR 76/12

27.06.2013 Herkunftsfunktion bei Keyword-Advertising

Wird Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt (Keyword-Advertising), ist eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke zwar in der Regel zu verneinen, wenn die Anzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. Liegt jedoch für den angesprochenen Verkehr aufgrund eines ihm bekannten Vertriebssystems des Markeninhabers die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Dritten um ein Partnerunternehmen des Markeninhabers handelt, ist die Herkunftsfunktion der Marke bereits dann beeinträchtigt, wenn in der Werbeanzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Markeninhaber und dem Dritten hingewiesen wird.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.06.2013, Aktenzeichen I ZR 53/12

27.03.2013 Annahme einer gespaltenen Verkehrsauffassung

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es auf die Auffassung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen an. Die Annahme einer gespaltenen Verkehrsauffassung ist deshalb mit dem Begriff der Verwechslungsgefahr als Rechtsbegriff nicht zu vereinbaren. Eine andere Beurteilung ist nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn von den sich gegenüberstehenden Zeichen verschiedene Verkehrskreise angesprochen sind, die sich - wie etwa der allgemeine Verkehr und Fachkreise oder unterschiedliche Sprachkreise - objektiv voneinander abgrenzen lassen. In einem solchen Fall reicht es für die Bejahung eines Verletzungstatbestands aus, wenn Verwechslungsgefahr bei einem der angesprochenen Verkehrskreise besteht. Die Schutzschranke der beschreibenden Benutzung (Art. 12 Buchst. b GMV, § 23 Nr. 2 MarkenG) ist nach ihrer Funktion und Stellung im Gesetz im Löschungsklageverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Die beschreibende Benutzung einer Bezeichnung, die an sich die Anwendung der Schutzschranke nach Art. 12 Buchst. b GMV eröffnet (hier: "Marulablu" als Bezeichnung eines aus der Marula-Frucht hergestellten Likörs), entspricht nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel, wenn der beschreibende Inhalt der Bezeichnung nicht den Tatsachen entspricht (hier: Likör enthält keine Marula-Frucht).

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2013, Aktenzeichen I ZR 100/11

22.03.2013 Überwachungspflicht gegenüber Ehepartner

Ein Ehepartner kann dem anderen Ehepartner seinen Internetanschluss überlassen, ohne ihn ständig überwachen zu müssen, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat. Stellt sich nach Klageerhebung heraus, dass nicht der beklagte Anschlussinhaber, sondern sein Ehepartner eine Urheberrechtsverletzung begangen hat, indem er ein urheberrechtlich geschütztes Werk in einer Tauschbörse zum Download angeboten hat, so setzt die Inanspruchnahme des verklagten Anschlussinhabers als Störer voraus, dass der Kläger die Umstände schlüssig darlegt, die eine Störerhaftung des in Anspruch genommenen begründen.

Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 22.3.2013, Aktenzeichen 11 W 8/13

10.01.2013 Nicht urheberrechtsfähige Pläne des Architekten

Beauftragt ein Bauträger einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für die Errichtung eines Bauwerks auf einem bestimmten Grundstück und sind die Pläne nicht urheberrechtsschutzfähig, so ist der Architektenvertrag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, dahin auszulegen, dass es dem Bauträger gestattet ist, die erstellten Pläne für die einmalige Errichtung des betreffenden Bauwerks auf dem konkreten Grundstück - sei es auch im Wege der Weiterübertragung der Errichtungsbefugnis auf einen Dritten - verwenden zu dürfen, und dass der Architekt eine Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat. Die Nicht- oder Schlechterfüllung eines schuldvertraglich begründeten Anspruchs stellt auch im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander - keinen Eingriff in eine Rechtsposition des Anspruchsinhabers mit Zuweisungsgehalt dar und löst deshalb keinen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB aus.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.01.2013, Aktenzeichen VII ZR 259/11

11.09.2012 Störerhaftung des Anschlussinhabers

Genrell gilt, dass auch im Falle einer Urheberrechtsverletzung auf Internettauschbörsen der als Täter haften muss, der gegen geltendes Recht verstoßen hat. Die Ermittlung dieses Täters gestaltet sich in der Praxis jedoch meistens als unmöglich, da ein Internetzugang nicht ausschließlich vom Anschlussinhaber, sondern auch von anderen Personen genutzt werden kann. Abhilfe schafft im gewerblichen Rechtsschutz die sogenannte „Störerhaftung". Demnach ist derjenige "Störer", der dem Täter den unzureichend kontrollierten Internetanschluss zur Verfügung stellt. Im Moment der Urheberrechtsverletzung wird der Internetzugang nämlich zur Gefahrenquelle. Aus diesem Grund obliegen dem Anschlussinhaber auch zumutbare Kontroll- und Prüfpflichten. Dazu gehören unter anderem die regelmäßige Belehrung der Mitbenutzer des Internetzugangs sowie eine WPA2-Sicherung des W-LAN-Routers. Bislang wurde von der Rechtsprechung stets eine Täter- oder Störerhaftung des Anschlussinhabers angenommen. Das Landgericht Köln allerdings hat eine Täter- sowie eine Störerhaftung des Anschlussinhabers abgelehnt. Der Störerhaftung kann ein Beklagter dadurch entkommen, dass er den W-LAN-Router ausreichend gesichert hat, auf allen Computern Virusschutzprogramme installiert und zudem den Personen, die außerdem Zugang zu dem Internetanschluss haben mehrmals jährlich in Form einer Belehrung die Teilnahme an Internettauschbörsen verboten hat. Noch ist es zwar zu früh, das Urteil als endgültige Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung zu feiern, doch trägt es zur Sicherheit pflichtbewusster Anschlussinhaber bei.

Landgericht Köln, Urteil vom 11.09.2012, Aktenzeichen 33 0 353/11

19.07.2012 Erlöschen der Hauptlizens

Das Erlöschen einer Hauptlizenz, durch die beispielsweise Nutzungsrechte an einer Software eingeräumt worden sind, führt in aller Regel nicht zum Erlöschen der daraus abgeleiteten Unterlizenzen. Im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht gilt der Grundsatz des Sukzessionsschutzes (§ 33 UrhG, § 30 Abs. 5 MarkenG, § 31 Abs. 5 GeschmMG, § 15 Abs. 3 PatG, § 22 Abs. 3 GebrMG). Er besagt unter anderem, dass ausschließliche und einfache Nutzungsrechte wirksam bleiben, wenn der Inhaber des Rechts wechselt, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat. Zweck des Sukzessionsschutzes ist es, das Vertrauen des Rechtsinhabers auf den Fortbestand seines Rechts zu schützen und ihm die Amortisation seiner Investitionen zu ermöglichen. Eine Abwägung der typischerweise betroffenen Interessen ergibt – so der Bundesgerichtshof -, dass das vom Gesetz als schutzwürdig erachtete Interesse des Unterlizenznehmers an einem Fortbestand der Unterlizenz das Interesse des Hauptlizenzgebers an einem Rückfall der Unterlizenz im Falle des Erlöschens der Hauptlizenz in aller Regel überwiegt. Das Interesse des Hauptlizenzgebers ist weitgehend gewahrt, da er den Hauptlizenznehmer nach dem Erlöschen der Hauptlizenz auf Abtretung seines Anspruchs gegen den Unterlizenznehmer auf Zahlung von Lizenzgebühren in Anspruch nehmen kann. Der Fortbestand der Unterlizenz beim Wegfall der Hauptlizenz führt damit nicht zu der unbilligen Konsequenz, dass der nicht mehr berechtigte Hauptlizenznehmer von Lizenzzahlungen des Unterlizenznehmers profitiert und der wieder berechtigte Hauptlizenzgeber leer ausgeht. Der Unterlizenznehmer kann die Ursache für die außerordentliche Auflösung des zwischen dem Hauptlizenzgeber und dem Hauptlizenznehmer geschlossenen Vertrags und die vorzeitige Beendigung des früheren Nutzungsrechts regelmäßig weder beeinflussen noch vorhersehen. Er würde durch den vorzeitigen und unerwarteten Fortfall seines Rechts oft erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden, die sogar zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen können, wenn er auf den Bestand der Lizenz angewiesen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, Aktenzeichen I ZR 70/10

19.07.2012 Unterlizenz bei Erlöschen der Hauptlizenz

Das Erlöschen der Hauptlizenz führt in aller Regel auch dann nicht zum Erlöschen der Unterlizenz, wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen Beteiligung an den Lizenzerlösen eingeräumt hat und die Hauptlizenz nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen (im zugrunde liegenden Falle: einvernehmliche Aufhebung des Hauptlizenzvertrages) - erlischt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, Aktenzeichen I ZR 24/11

19.04.2012 Internationale Zuständigkeit bei Markenverletzungen

In einem Rechtsstreit über die Verletzung einer in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marke, die dadurch begangen worden sein soll, dass ein Werbender auf der Website einer Suchmaschine, die unter der Top-Level-Domain eines anderen Mitlgiedstaats betrieben wird, ein mit dieser Marke identisches Schlüsselwort verwendet hat, können die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Werbende niedergelassen ist, angerufen werden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19.4.2012, Aktenzeichen C-523/10

21.03.2012 Filesharing: Sekundäre Darlegungslast

Die sekundäre Darlegungspflicht umfasst nicht die Pflicht des Behauptenden, den von ihm dargelegten Sachverhalt zu beweisen. Vielmehr hat ein der sekundären Darlegungslast genügender Vortrag zur Folge, dass der grundsätzlich Beweisbelastete seine Behauptungen beweisen muss. Im zugrundeliegende Fall, hatte eine der führenden deutschen Tonträgerhersteller mit anwaltlichem Schreiben den Beklagten abgemahnt, weil über dessen Internetanschluss hunderte von Musikdateien zum Herunterladen verfügbar gemacht worden seien. Sie forderten ihn auf, eine Unterlassungserklärung zu treffen, was der Beklagte aber nicht tat. Der Beklagte trug vor, dass ein Fehler bei der Ermittlung des Anschlussinhabers des Internetanschlusses vorgelegen habe; ihm seien die Musikdateien unbekannt. Ebenso kann ein Dritter den W-Lan-Anschluss des Beklagten für sich benutzt haben. In diesem Fall scheidet eine täterschaftliche Verantwortung des Beklagten aus; es käme - so das Gericht - lediglich eine Haftung als Störer in Betracht.

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.03.2012, Aktenzeichen 12 O 579/10

21.03.2012 Unerlaubtes Filesharing im Internet

Zu der Rechtsfrage, ob einen Internet-Anschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Unterschiedlich werden solche Pflichten insbesondere gegenüber volljährigen Familienangehörigen beurteilt. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage noch nicht höchstrichterlich entschieden. In der Entscheidung "Sommer unseres Lebens" des Bundesgerichtshofs ging es nämlich um die Frage, ob ein WLAN-Anschluss auf einen hinreichenden Schutz durch Sicherungsmaßnahmen gegen Benutzung durch außenstehende Dritte geprüft werden muss. Soweit der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Haftung als Störer die Verletzung von Prüfpflichten voraussetze, deren Umfang sich danach bestimme ob und inwieweit nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist, klärt dieser Rechtsgrundsatz die Rechtsfrage, ob einen Internet-Anschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen offensichtlich nicht; insbesondere nicht, ob überhaupt Prüfpflichten des Anschlussinhabers bestehen und wenn ja, wie weit sie gehen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.3.2012, Aktenzeichen 1 BvR 2365/11

20.03.2012 Verbreitung eines Fotos der getöteten Tochter

Berichtet die Presse über einen die Öffentlichkeit interessierenden schweren Verkehrsunfall mit Todesopfer, stellt die Veröffentlichung eines kontextneutralen Porträtfotos des Unfallopfers im Rahmen der Berichterstattung in der Regel keine "kommerzielle Verwertung" im Sinne einer Ausnutzung der dem Bild zukommenden Verwertungsmöglichkeiten dar. Auf eine Lizenzgebühr gerichtete Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche des Abgebildeten bzw. seiner Erben bestehen in einem solchen Fall nicht. Den Eltern des Todesopfers steht insofern, auch wenn die Veröffentlichung eines entsprechenden Bildes im Vorfeld abgelehnt wurde, keine Geldentschädigung zu.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.3.2012, Aktenzeichen VI ZR 123/11

08.03.2012 Markenverletzung

Die Ausstrahlung von italienischen Fernsehsendungen, die den Bestandteil “Oscar” im Titel tragen und italienische Preisverleihungen zum Inhalt haben, kann von den Inhabern der deutschen Wortmarke “OSCAR” in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen untersagt werden. Bei den Markeninhabern handelt es sich um die Veranstalter der us-amerikanischen “Academy Awards”, auch “Oscar-Verleihung” genannt. Voraussetzung für die Durchsetzung des Anspruchs ist nicht allein die bloße Möglichkeit, die Sendungen des italienischen Fernsehens auch in Deutschland zu sehen, sondern das Angebot müsse einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (”commercial effect”) aufweisen. Dies müsse im Wege der Gesamtabwägung festgestellt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 8.3.2012, Aktenzeichen I ZR 75/10

23.02.2012 Schutzumfang einer Marke

Die für medizinische Leistungen eingetragene Wortmarke "Zahnwelt" verfügt von Haus aus über nur geringe Kennzeichnungskraft. Wird die Marke durch einen anderen für die Erbringung von zahnärztlichen Leistungen als Bestandteil eines mit einem geographischen Zusatz versehenen Zeichens benutzt, besteht gleichwohl Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlichen Sinne. Dagegen fehlt es an der Verwechslungsgefahr, wenn die Marke in Kombination mit einem nachgestellten Eigennamen verwendet wird.

Oberlandesgericht Frankfurt, Entscheidung vom 23.02.2012, Aktenzeichen 6 U 256/10

13.02.2012 Fliegender Gerichtsstand bei Tauschbörsen

Der so genannte “fliegende Gerichtsstand” kann gemäß § 32 ZPO in Filesharing-Verfahren nicht zur Anwendung kommen. Vielmehr ist auf den allgemeinen Gerichtsstand, also den Wohnsitz des Verletzers abzustellen. Nach Auffassung des Gerichts rechtfertigten die Besonderheiten einer Internet-Tauschbörse (keine Kontrolle über die Verbreitung einer Datei) nicht die Annahme des Gerichtsstandes in der gesamten Bundesrepublik. Die Vorschrift des § 32 ZPO sei einschränkend auszulegen, da sonst die sich daraus ergebende örtliche Zuständigkeit jedes ordentlichen Gerichts zu einer freien Auswahl des Gerichts durch die klagende Partei führe, was faktisch zu einem Wahlgerichtsstand am Sitz oder Wohnort der Klägerseite führe. Dies sei sachlich jedoch nicht zu rechtfertigen.

Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 13.02.2012, Aktenzeichen 31 C 2528/11

02.02.2012 Kennzeichnungskraft von Einzelbuchstaben

Im zugrunde liegenden Falle sah die Klägerin, das bayerische Modeunternehmen Willy Bogner,in der Verwendung des Buchstaben B auf den Produkten von Mattel, einem internationalen Spielwarenkonzerns und Hersteller der „Barbie“-Puppen, eine Verletzung ihrer eigenen Wort-/Bildmarken, dem Bogner B. Um nun das Bogner B, das markenrechtliche Priorität für die Waren Bekleidungsstücke und Schuhwaren genießt, zu schützen, bemühte sich die Klägerin um gerichtlichen Beistand. Der Bundesgerichtshof hatte daraufhin zu entscheiden, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Bogner B und dem Barbie B im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben sei. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, hier also dem Bogner B. Diese Wechselwirkung hat zur Folge, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Ware durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Der BGH führte aus, dass Einzelbuchstaben ebenso wie Buchstabenkombinationen von Haus aus normal kennzeichnungskräftig seien, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für einen warenbeschreibenden Gehalt vorlägen. Für eine beschreibende Funktion des Einzelbuchstabens „B“ in der Modebranche sei nichts ersichtlich. Die Verwendung von Einzelbuchstaben als Marke sei im Modesektor gebräuchlich. Der Buchstabe „B“ werde weder als Größenangabe noch als Abkürzung für Waren minderer Qualität verwandt. Dies folge auch aus der von der Beklagten vorgelegten Verkehrsbefragung von Juli 2010, nach der der durchschnittliche inländische Verbraucher mit dem Buchstaben „B“ keinen beschreibenden Anklang verbinde. Im Umkehrschluss, so die Richter, könne aber die Tatsache, dass Buchstaben als Markenform im Modebereich weit verbreitet sind, an sich nicht die Annahme rechtfertigen, dass derartige Marken automatisch kennzeichnungsschwach seien. Weiterhin sei eine klangliche Zeichenähnlichkeit abzulehnen, da es in der Modebranche nicht gebräuchlich sei Marken, die nur aus einem Einzelbuchstaben gebildet werden, ohne einen weiteren Zusatz zu gebrauchen. Um die vorliegenden Marken zu benennen, würde der Verkehr sich nicht auf den Lautwert, also „Be“, beschränken, sondern zur Abgrenzung die vollständige Kennzeichnung „Bogner B“ oder „Barbie B“ verwenden. Die graphische Gestaltung der Marken Bogner B und Barbie B sei insoweit unterschiedlich, dass von einer geringen Zeichenähnlichkeit auszugehen sei. Diese reiche, zusammengenommen mit der lediglich durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke, somit nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu begründen. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bei Kollisionszeichen, die lediglich aus einem Einzelbuchstaben gebildet werden, ist also besondere Vorsicht geboten. Grundsätzlich wird von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke ausgegangen. Ausnahmsweise kann jedoch eine erhöhte Kennzeichnungskraft angenommen werden, wenn die Marke über nicht zu vernachlässigende graphische Gestaltung verfügt und Anhaltspunkte für eine vom Normalfall abweichende Beurteilung auf dem jeweiligen Waren- und Dienstleistungssektor bestehen. Eine klangliche Zeichenähnlichkeit der kollidierenden Marken scheidet aus, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass es im fraglichen Einzelfall durchaus verkehrgebräuchlich sei lediglich den Lautwert des Einzelbuchstabens, also ohne weitere Zusätze, zur Benennung der Marke zu verwenden. Aufgrund der Kürze der Marken ist bei einer (schrift)bildliche Zeichenähnlichkeit wesentlich größeres Gewicht auf alle graphische Unterschiede zu legen als dies bei normalen Wortmarken der Fall wäre.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2012, Aktenzeichen I ZR 50/11

02.02.2012 Wirksamkeit eines Lizenzvertrags

Ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk ist nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft. Den Parteien eines Lizenzvertrages ist es allerdings unbenommen, die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts anders zu regeln. Insbesondere können sie vereinbaren, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn der Lizenzgeber nicht nachweist, dass die materiellen Schutzvoraussetzungen des eingeräumten oder übertragenen Rechts vorliegen. Die GEMA ist nach den Bestimmungen des Berechtigungsvertrages zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsgebühren nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen nachweist, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2012, Aktenzeichen I ZR 162/09

24.01.2012 "Genossen im Streit"

Der Inhaber eines Patents oder Gebrauchsmusters und der Inhaber einer ausschließlichen Lizens an diesem Recht, die einen Verletzer gemeinsam auf Ersatz des ihnen aus einer Verletzung des Schutzrechtes entstandenen Schadens in Anspruch nehmen, sind notwendigerweise Streitgenossen. Sollten sich die Streitgenossen bzw. gleichsam Berechtigten darauf verständigen, ihren Schaden gemeinsam geltend zu machen, müssen sie sich auch darüber einigen, in welcher Weise der Schaden berechnet werden soll. Spätere Änderungen der Berechnungsart können grundsätzlich nur von allen Berechtigten gemeinsam vorgenommen werden. Ein nachträgliches Abrücken von der gemeinschaftlichen Geltendmachung ist indes nur zulässig, wenn die getroffene Einigung über die gemeinsame Vorgehensweise wirksam geändert oder aufgehoben wird; wobei es auch hierzu der Mitwirkung aller zum Schadenersatz Berechtigten bedarf.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2012, Aktenzeichen X ZR 94/10

24.01.2012 Patentinhaber und Nutzungsberechtigter als Streitgenossen

Der Inhaber eines Patents oder Gebrauchsmusters und der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an diesem Recht, die einen Verletzter gemeinsam auf Ersatz des ihnen aus einer Verletzung des Schutzrechts entstandenen Schadens in Anspruch nehmen, sind notwendige Streitgenossen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.1.2012, Aktenzeichen X ZR 94/10

10.01.2012 Lichtbildveröffentlichung zur Restwertermittlung

Übersendet der Sachverständige der gegnerischen Haftpflichtversicherung ein Gutachten mit Restwertermittlung und Lichtbildern vom unfallgeschädigten Fahrzeug, ist ohne ausdrückliche Regelung davon auszugehen, dass dies lediglich dem Zweck dient, den Schadensersatzanspruch des Geschädigten der gegnerischen Versicherung gegenüber zu untermauern. Nutzt die gegnerische Versicherung ohne vorherige Genehmigung Lichtbilder aus dem Sachverständigengutachten zur Restwertermittlung im Internet, ist sie dem Sachverständigen zum Schadenersatz verpflichtet; dabei erscheint eine Lizenzgebühr von 5 Euro pro Bild der Höhe nach angemessen.

Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 10.1.2012, Aktenzeichen 264 C 313/10

05.12.2011 Nutzungsrechtseinräumung

Ein Presseunternehmen verwendet Vertragsbedingungen, wenn es mit ihm vertraglich zusammenarbeitenden freien Journalisten ein Abrechnungsformular mit Vertragsklauseln überlässt, die Benutzung des Formulars erwartet und wirtschaftlichen Druck bei Nichtverwendung ausübt. Eine Klausel über den Umfang der Nutzungsrechtseinräumung ist unwirksam, wenn Rechte für jede erdenkliche, ausdrücklich aufgezählte Nutzungsart übertragen werden, auch für unbekannte Nutzungsarten eine weitere Vergütung nicht erlangt werden kann, die Ausübung des Widerrufsrechts ausgeschlossen wird und die Nutzungsrechte umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt durch eine Einmalzahlung abgegolten werden sollen.

Landgericht Mannheim, Urteil vom 5.12.2011, Aktenzeichen 7 O 442/11

24.11.2011 Keine Markenverletzung bei Deko-Gebrauch

Eine markenmäßige Benutzung eines Bildmotivs (hier: Medusa) kommt nicht in Betracht, wenn das Motiv nur dekorativen Zwecken dient, z.B. als Marmormosaik auf einer Tischplatte. Eine markenmäßige Benutzung könne auch nicht dadurch nachgewiesen werden, dass ein kleiner Teil der Durchschnittsverbraucher das Motiv als Marke erkenne und der Klägerin zuordne. Um als Herkunftshinweis zu dienen, müsse die Zuordnung zum Markeninhaber durch einen erheblichen Teil der Verkehrskreise vollzogen werden. Es dürften zur Beurteilung nicht nur die Kreise herangezogen werden, denen die Marke der Klägerin von vornherein bekannt sei, sondern alle vom Produkt der Klägerin (Möbel) potentiell angesprochenen Verbraucher.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2011, Aktenzeichen I ZR 175/09

06.10.2011 Microsoft gewinnt Rechtsstreit über Windows-Software

Die Firma Microsoft kann sich gegen den Vertrieb von seinen Softwareprodukten durch einen anderen Anbieter widersetzen, wenn dieser Anbieter die Produkte im Nachhinein mit einem Echtheitszertifikat versieht, das ursprünglich nicht zu der ausgelieferten Ware gehörte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.2011, Aktenzeichen ZR 6/10

18.08.2011 Hotelier haftet nicht für Rechtsverletzungen durch Gäste

Ein Hotelbetreiber, der seinen Gästen in den Hotelzimmern einen Internetanschluss zur Verfügung stellt, haftet nicht als Störer für eine von einem Gast begangene Urheberrechtsverletzung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er seine Gäste vorher auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben hingewiesen hat. Da dem Abmahnenden die Unbegründetheit seines Anspruchs hätte bekannt sein müssen, hat er dem Hotelinhaber die mit der Abwehr der Abmahnung verbundenen Kosten eines eingeschalteten Rechtsanwalts zu erstatten.

Landgericht Frankfurt, Urteil vom 18.08.2011, Aktenzeichen 2-06 S 19/09

22.06.2011 Abbildung von “Thumbnails” in Personensuchmaschine

Wer den Inhalt seiner Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich macht, ohne die bestehenden technischen Möglichkeiten der Zugriffsverhinderung zu nutzen, gibt konkludent sein Einverständnis zur reduzierten Abbildung seiner Werke durch Bildersuchmaschinen. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass in der Darstellung von verkleinerten Vorschaubildern (”Thumbnails”) keine Urheberrechtsverletzung durch den Suchmaschinenbetreiber gesehen werden kann, wenn die abgebildete Person das Foto ohne Zugriffsperre ins Internet eingestellt hat. Daher kann auch gegen den Betreiber der Personensuchmaschine im Internet, die zu recherchierten Namen bestimmte Dossiers mit im Internet auffindbaren Informationen erstellt und in diesem Zusammenhang auch Verknüpfungen und Querverweise zu anderen Personen herstellt, kein Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden, wenn der Anbieter seinerseits bei seiner Recherche auf die Bildersuchmaschine von Google zugreift.

Landgericht Köln, Urteil vom 22.06.2011, Aktenzeichen 28 O 819/10

26.04.2011 NPD zitiert Sarrazin

Der frühere Berliner Finanzsenator und Buchautor Thilo Sarrazin kann untersagen, dass die NPD bei Kundgebungen Zitate (u.a. “Ich möchte nicht, dass wir zu Fremden im eigenen Land werden”) aus seinem umstrittenen Buch verwendet.

Landgericht Berlin, Urteil vom 26.04.2011, Aktenzeichen 27 O 274/11

06.04.2011 Zulässige Veröffentlichung in Reichenliste

Der Gründer des führenden Tiefkühlkostunternehmens “Bofrost” wehrte sich gegen die Veröffentlichung seines Namens in der Liste “Die 100 reichsten Deutschen” des Manager Magazins. Seine Unterlassungsklage blieb jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht München verneinte eine mit der Veröffentlichung verbundene Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Vermögen, das Personen insbesondere durch ihre erfolgreiche Unternehmertätigkeit erwerben, trägt zur erheblichen Bekanntheit und zur zeitgeschichtlichen Bedeutung der Betroffenen bei. Das öffentliche Interesse an der Berichterstattung über solche Personen gibt der Pressefreiheit Vorrang vor dem Schutz der Privatsphäre.

Landgericht München, Urteil vom 06.04.2011, Aktenzeichen 9 O 3039/11

02.03.2011 Urheberrechtsschutz einer Architektenplanung

Sofern Pläne eines Architekten dem Urheberrecht unterfallen, ist es dem Auftraggeber nicht gestattet, das Bauwerk nach Abschluss der Vorplanung ohne Mitwirkung des planenden Architekten von einem anderen Architekten ausführen zu lassen. An den Urheberrechtsschutz von Planungsarbeiten stellen die Gerichte jedoch hohe Anforderungen. Um urheberrechtsschutzfähig zu sein, muss die Architektenleistung einen so hohen Grad an Individualität aufweisen, dass sie sich von der Masse des durchschnittlichen, üblichen und alltäglichen Bauschaffens abhebt und nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen routinemäßigen Schaffens darstellt (sog. Gestaltungshöhe).

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 02.03.2011, Aktenzeichen 14 U 140/10.

01.01.1970 Doppelte Lizenzgebühr im Falle einer Urheberrechtsverletzung

Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht.

EuGH, Urteil vom 25.1.2017, Az. C-367/15