Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Aktuelles

20.03.2014 Abgrenzung selbständiger Handelsvertreter und unselbständiger Angestellter

Für die Beurteilung der Frage, ob der zur Dienstleistung Verpflichtete als selbständiger Handelsvertreter oder als unselbständiger Angestellter tätig geworden ist, und damit, ob eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte oder der ordentlichen Gerichte eröffnet ist, ist das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung entscheidend. Auch wenn der Dienstverpflichtete Ort, Zeit und Art der Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen kann und nach dem Vertrag als Vergütung Provisionen für vermittelte Verträge zu leisten sind, kann die gelebte Vertragswirklichkeit (u.a. geschuldete Erreichbarkeit, Mitteilungspflicht über Abwesenheitszeiten, Wahrnehmung handelsvertreteruntypischer Aufgaben, fehlende Abrechnung über Provisionen und "Provisionsvorschüsse" durch Unternehmer während der gesamten Vertragslaufzeit, Provisionsrechnung ohne Ausweis der Mehrwertsteuer) gegen eine selbständige Tätigkeit und für eine wirtschaftliche Unselbständigkeit sprechen, mit der Folge, dass für Rechtsstreitigkeiten hieraus die Arbeitsgerichte zuständig sind.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 20.03.2014, 7 W 315/14

23.01.2014 Handelsvertreterprovision bei Vertragsausführungsvorbehalt

Einem Reisevermittler steht kein Anspruch auf Handelsvertreterprovision zu, wenn der Reiseveranstalter die Reise absagt, weil die dem Kunden mitgeteilte Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht worden ist und er die Durchführung der Reise ausdrücklich unter den Vorbehalt des Erreichens einer Mindestteilnehmerzahl gestellt hat. Der Vermittler kann sich auch nicht auf die Bestimmung des § 87a Abs. 3 S. 2 HGB berufen, wonach sein Anspruch bestehen bleibt, wenn die Nichtausführung des Vertrages auf Umständen beruht, die der Unternehmer zu vertreten hat oder die zumindest in seinen Risikobereich fallen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist für den Bundesgerichtshof durch die ausdrückliche Vorbehaltsregelung ausgeschlossen.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2014, Aktenzeichen VII ZR 168/13

06.02.2013 Bestandspflegeprovisionen nicht ausgleichspflichtig

Grundlage für die Berechnung eines Ausgleichsanspruchs sind nur die Provisionen, die ein Vertreter für Vermittlungs- und Abschlusstätigkeiten erhält. Dabei sind nur Provisionsverluste ausgleichsrelevant, die als Entgelt für die Schaffung eines Kundenstamms gezahlt werden. Provisionen für verwaltende Tätigkeiten wie die Bestandspflege sind dagegen kein Entgelt zur Schaffung eines Kundenstamms und somit nicht ausgleichsfähig.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 6.2.2013, Aktenzeichen 19 U 145/12

03.01.2013 Mündliche Empfehlung des Anlageberaters

Ein Anleger verkennt einen Beratungsfehler des Anlageberaters nicht grob fahrlässig, wenn er die im Zeichnungsschein enthaltenen pauschalen Hinweise auf eine nicht mündelsichere Kapitalanlage und im Anlageprospekt abgedruckte Risikohinweise nicht zum Anlass genommen hat, die mündlichen Empfehlungen und Informationen des Anlageberaters zu hinterfragen und auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass ein Anleger im Allgemeinen auf das gesprochene Wort seines Beraters vertrauen darf.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 3.1.2013, Aktenzeichen I-34 W 173/12

29.10.2012 Clerical Medical: Schadensersatz wg. mangelnder Infos

Infolge der jüngsten Bundesgerichtshofsrechtsprechung wird CMI als verpflichtet angesehen, Anlegern vollen Schadensersatz zu leisten, wenn diese nicht über die Besonderheiten der CMI-Verträge informiert worden sind. Die unter der Bezeichnung "Wealthmaster" vertriebenen CMI-Produkte sind dermaßen komplex und mit deutschen Versicherungsprodukten nicht vergleichbar, dass es einer besonderen Aufklärung und Information des Anlegers bedarf. Ergeben sich die erforderlichen Informationen nich aus den überlassenen Unterlagen, muss der Versicherer beweisen, dass die Hinweise mündlich erteilt worden sind. Zusätzliche Informationspflichten bestehen, wenn der Anleger den Vertrag darlehensfinanziert hat. Im Streitfall hätte CMI dem Anleger vor Augen führen müssen, dass sich die regelmäßigen Auszahlungen aus dem Vertrag nicht allein auf den Vertragswert, sondern auch auf die erzielbare Verzinsung auswirken.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 29.10.2012, Aktenzeichen 7 U 201/11

19.09.2012 Besichtigung der Schadenstelle

Die Obliegenheit, die Schadenstelle bis zu einer Freigabe unverändert zu lassen, entsteht im Zeitpunkt des Versicherungsfalls von selbst. Sie setzt kein besonderes Verlangen des Versicherers voraus und stellt daher eine spontan zu erfüllende besondere Aufklärungsobliegenheit dar. Folglich muss der Versicherer über diese Obliegenheit auch nicht nach § 28 Abs. 4 VVG belehren.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 19.9.2012, Aktenzeichen 5 U 68/12

01.02.2012 Darlegungslast bei Provisionsrückforderung

Gibt der Unternehmer in seiner auf Rückzahlung unverdienter Provisionsvorschüsse gerichteten Klage neben Höhe des Provisionsvorschusses, Vertragsbeginn, Vertragsende und Stornohaftzeit auch Beendigungsgründe nebst etwaiger Nachbearbeitungsbemühungen an und errechnet er auf dieser Grundlage den unverdienten Provisionsvorschussbetrag, reicht ein pauschales Bestreiten des Vertreters nicht aus. Vielmehr muss der Vertreter im Einzelnen zu den Vorgängen Stellung nehmen. Bei Provisionsrückforderungen von unter 50,00 € ist keine Nachbearbeitung geschuldet, da diese in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum Nutzen steht. Die Rückforderung von Provisionsvorschüssen durch den Unternehmer ist auch dann nicht treuwidrig, wenn der Vertreter geltend macht, dass der Unternehmer ihm die Möglichkeit "wirtschaftlich zu überleben", nehme. Es handle sich dabei um das übliche wirtschaftliche Risiko einer selbstständigen Tätigkeit. Für die Berechtigung der Rückforderung von Provisionsvorschüssen sei unerheblich, ob der Unternehmer dem Versicherer gegenüber zur Rückzahlung des unverdienten Provisionsvorschusses verpflichtet sei. Die Beziehungen zwischen Unternehmer und Vertreter seien getrennt voneinander zu betrachten.

Amtsgericht Leer, Urteil vON Februar 2012, Aktenzeichen 073 C 3309/11

26.01.2012 Kündigung eines Handelsvertretervertrags per Mail

Ist vertraglich für eine Kündigung die Schriftform vorausgesetzt, so genügt zur Wahrung des Schriftformerfordernis die Übermittlung der Kündigung per E-Mail. Denn das Schriftformerfordernis wird bei einer telekommunikativen Übermittlung gewahrt. In dem zugrunde liegenden Fall stritten sich die Parteien über Schadensersatzansprüche. Dabei kam es insbesondere auf die Beantwortung der Frage an, ob der Handelsvertretervertrag wirksam gekündigt wurde. Die ordentliche Kündigung erfolgte per E-Mail. Im Handelsvertretervertrag war vereinbart, dass die ordentliche Kündigung schriftlich erfolgen muss. Der Kläger war daher der Meinung, es habe keine wirksame Kündigung vorgelegen. Das Oberlandesgerichts München entschied gegen den Kläger. Die ordentliche Kündigung durch eine E-Mail sei wirksam gewesen. Zwar habe der Handelsvertretervertrag eine schriftliche Kündigung vorausgesetzt. Zur Wahrung des Schriftformerfordernisses genüge jedoch die telekommunikative Übermittlung (§ 127 Abs. 2 BGB). Dies gelte jedenfalls dann, wenn kein anderer Wille der Parteien anzunehmen sei. Somit genüge eine Kündigung per E-Mail, wenn aus dieser erkennbar ist, von wem sie abgegeben wurde.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 26.01.2012, Aktenzeichen 23 U 3798/11 -

26.10.2011 Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters

In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheidenden Fall ging es – wie so häufig – um den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Hier war die Situation so, dass eine neu gegründete Gesellschaft sowohl die Kunden als auch den Handelsvertreter eines insolvent gewordenen Unternehmens übernommen hatte. Es stellte sich die Frage, ob die bisherigen Kunden des insolventen Unternehmens, die aufgrund der Tätigkeit des Handelsvertreters erstmals ein Geschäft mit dem neu gegründeten Unternehmen abschlossen, als vom Handelsvertreter geworbene Neukunden dieses Unternehmens anzusehen waren. Der BGH bejahte dies zugunsten des Handelsvertreters. Allerdings kann der Umstand, dass der Inhaber des neu gegründeten Unternehmens vom Insolvenzverwalter den Kundenstamm des übernommenen Unternehmens erworben und dem Handelsvertreter die entsprechenden Informationen zur Verfügung gestellt hat, unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu einer Kürzung des Ausgleichsanspruchs führen. Dies soll dann der Fall sein, wenn dem Handelsvertreter die Werbung dieser Kunden für das neu gegründete Unternehmen erleichtert wird.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.10.2011, Aktenzeichen VIII ZR 222/10

04.08.2011 Maklerhaftung: Beratung über Fondspolice

Behauptet der Versicherungsnehmer, vom Versicherungsmakler über die Funktion einer Fondspolice nicht ordnungsgemäß beraten worden zu sein, muss der Makler substanziiert vortragen, dass er den Versicherungsnehmer umfassend aufgeklärt hat.

Landgericht Wuppertal, Urteil vom 4.8.2011, Aktenzeichen 9 S 99/10

04.05.2011 Anspruch des Handelsvertreters auf Überlassung

Ein Unternehmen kann dem Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nicht entgegenhalten, dass der Geschäftsbetrieb insgesamt veräußert wurde und demzufolge der vom Vertreter bislang betreute Kundenstamm von seinem Auftraggeber tatsächlich nicht weiter beliefert werde. Denn für das Unternehmen können sich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit vom Handelsvertreter geworbenen neuen Kunden auch daraus ergeben, dass der Unternehmer bei einer Veräußerung seines Unternehmens den vom Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm mitveräußern und hierdurch ein höheres - nicht unbedingt gesondert beziffertes - Entgelt erzielen kann. Dieser wirtschaftliche Vorteil wird nicht dadurch hinfällig, dass der entsprechende Kundenstamm tatsächlich nicht weiter beliefert wird. Im Übrigen macht sich das Unternehmen schadensersatzpflichtig, wenn es dem Handelsvertreter die beabsichtigte Veräußerung des Betriebes nicht rechtzeitig mitteilt. Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich in diesem Fall danach, welche Vergütung der Handelsvertreter bei rechtzeitiger Mitteilung und daraufhin ausgesprochener Kündigung anderweitig hätte erzielen können.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 4.5.2011, Aktenzeichen VIII ZR 11/10.

28.01.2011 Ansprüche bei Betriebsveräußerung

Zwischen den Parteien bestand ein Handelsvertreterverhältnis. Der Unternehmer entschloss sich, 2008 Standorte zu schließen und zu veräußern. In der Folge produzierte der Unternehmer die von der Handelsvertreterin vertriebenen Waren nicht mehr, so dass eine weitere Vertragstätigkeit der Handelsvertreterin für den Unternehmer nicht mehr möglich war. Es kam zu keinem Neuabschluss zwischen der Handelsvertreterin und dem Erwerber des Unternehmens. Die Parteien stritten dann u.a. über den Handelsvertreterausgleich sowie Schadensersatz. Das OLG hat dazu ausgeführt, dass ein Ausgleichsanspruch der Handelsvertreterin nicht dadurch entfällt, dass sie das Vertragsverhältnis gekündigt hat. Das Verhalten des Unternehmers hat für die Kündigung begründeten Anlass gegeben, da die bislang von der Handelsvertreterin vertriebenen Waren nicht mehr produziert wurden, so dass eine weiter Vertragstätigkeit der Handelsvertretern nicht mehr möglich war. Im Übrigen hat der Unternehmer auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses hinsichtlich der neu geworbenen Kunden durch die Handelsvertreterin Vorteile. Ein Vorteil kann auch darin bestehen, dass der Unternehmer bei einer Veräußerung seines Unternehmens mit Rücksicht auf den vom Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm diesen mitveräußern kann und hierdurch ein höheres – nicht unbedingt gesondert beziffertes – Entgelt erhalten hat, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 28.01.2011, Aktenzeichen 12 U 744/10

20.01.2011 Buchauszüge

Eine im Sinne von § 87c Abs. 2 HGB klare, geordnete und übersichtliche Form der Darstellung sämtlicher relevanten Geschäftsvorfälle in einem Buchauszug kann dadurch erreicht werden, dass einer Aufstellung Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beigefügt werden, welche problemlos zugeordnet werden können. Hat der Unternehmer in einem Buchauszug auf einen Aktenordner Bezug genommen, wird sein Inhalt Teil des Buchauszugs und unterliegt ebenfalls den Anforderungen, die hinsichtlich Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.1.2011, Aktenzeichen I ZB 67/09