Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Aktuelles

20.11.2014 Verweisung an nur für Versicherung tätige Werkstatt

Wie nun unlängst vom Amtsgericht Hamburg entschieden wurde, muss sich ein Geschädigter im Falle einer fiktiven Reparatur dann nicht auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze einer Werkstatt verweisen lassen, wenn die Werkstatt nahezu ausschließlich für Versicherungen tätig wird, oder – abhängig von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung – eine dauerhafte vertragliche Verbindung besteht. Die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten soll diesen davon befreien, die Schadensbeseitigung dem Schädiger zu überlassen. Er soll sich nicht faktisch in die Hände des Schädigers begeben müssen. Bei einer dauerhaften vertraglichen Verbindung zwischen Werkstatt und Versicherung ist die konkrete Ausgestaltung der Kooperation entscheidend, insbesondere ob und in welchem Umfang die Preiskalkulation der Werkstatt beeinflusst ist und ob durch den Umfang der Zusammenarbeit eine Interessenkollision zu befürchten ist. Diese Beurteilung ist wiederum abhängig von der Kenntnis eines etwaigen versicherungsseits zugesagten Auftragsvolumens im Verhältnis zu der Anzahl der übrigen Aufträge der Werkstatt. Ob die Werkstatt nur im Bereich der Abwicklung von Kaskoschadensfällen mit der Versicherung kooperiert, ist demgegenüber nicht allein entscheidend.

Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 20.11.2014, Aktenzeichen 50 aC 220/12

03.07.2014 Berechnung der Nutzungsvorteile bei Rückabwicklung

Bei der Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug kann der Käufer vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen. Die Höhe dieser Nutzungsentschädigung berechnet sich im Regelfall nach der anerkannten Formel für die zeitanteilige lineare Wertminderung wie folgt: (Gebrauchtkaufpreis x zurückgelegte Kilometer): erwartete Restlaufleistung Hierbei stelle allerdings der verbliebene Zeitwert des Kraftfahrzeugs die Obergrenze (Kappungsgrenze) für den Ersatz der Nutzungsentschädigung dar. Dies wird damit begründet, dass, wenn der auf die voraussichtliche Gesamtlaufleistung umgelegte Kaufpreis den Wert des Fahrzeugs repräsentiert, der Nutzungsausgleich nicht höher als der „verbliebene Zeitwert“ des Kraftfahrzeugs sein kann. Bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile ist in der Regel davon auszugehen, dass der Wert einer Sache durch die Dauer ihrer Nutzbarkeit bis zum Eintritt der Gebrauchsuntauglichkeit bestimmt wird. Maßgeblich ist mithin der „Wertverzehr“. Diese Bestimmung der Gebrauchsvorteile nach dem linearen Wertschwund versagt allerdings, wenn die herauszugebende Sache durch Nutzung keinen messbaren Wertverlust erleidet, namentlich bei Grundstücken. Seit 2006 ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu im Rahmen der Bemessung von Vorteilsausgleichung bei Schadenersatzansprüchen uneinheitlich.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Entscheidung vom 3. Juli 2014, Aktenzeichen I-3 U 39/12

18.06.2014 Zeitwertgerechte Reparatur ausreichend

Eine zeitwertgerechte Reparatur mit Gebrauchtteilen, die es ermöglicht, die Instandsetzungskosten unter der 130-Prozent-Grenze zu halten, ist trotz geringfügiger optischer Mängel, als „vollständig“ und „fachmännisch“ anzusehen. Darüber hinaus bestehe keine Bindung des Klägers an eine ursprüngliche Schadenkalkulation. Die 130-Prozent-Rechtsprechung werde dadurch nicht ausgehöhlt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied bereits in einem früheren Urteil (Urteil vom 14.12.2010, Aktenzeichen VI ZR 231/09), dass die sach- und fachgerechte Reparatur im Rahmen der 130-Prozent-Grenze auch mit gebrauchten Teilen erfolgen kann. In der Instanzenrechtsprechung ist jedoch weiter umstritten, ob ein Anspruch im Rahmen der 130-Prozent-Grenze auch dann besteht, wenn im Gutachten mit Neuteilen kalkuliert wurde, später jedoch eine Reparatur mit Gebrauchtteilen durchgeführt wurde. Insofern ist es ratsam, bei Schäden an älteren Fahrzeugen vom Sachverständigen eine Alternativkalkulation mit Gebrauchtteilen erstellen zu lassen.

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 18.6.2014, Aktenzeichen 23 S 208/13)

21.04.2014 Keine fühlbare, wirtschaftliche Beeinträchtigung

Steht dem Geschädigten bei der Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug zur Verfügung, kommt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung grundsätzlich nur bei einer nachgewiesenen, fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung in Betracht. Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger in der Vorinstanz ein Anspruch auf weitere Nutzungsentschädigung mit der Begründung versagt, der bei dem Verkehrsunfall beschädigte VW-Bus diene unmittelbar der Erbringung gewerblicher Leistungen. Hiergegen wendet sich die Revision mit der Argumentation, dass ein Fahrzeug nur dann unmittelbar zur Gewinnerzielung genutzt wird, wenn der Gewinn – wie bei einem Taxi, Reisebus oder Lkw – unmittelbar mit Transportleistungen erzielt wird. In diesem Fall hat der Geschädigte den ihm durch den Ausfall des Fahrzeugs entgangenen Gewinn konkret zu berechnen. Im vorliegenden Streitfall erzielt der Geschädigte seinen Gewinn dagegen nicht aus Transportleistungen, sondern aus einer anderen gewerblichen Tätigkeit. Der BGH folgte dabei folgender Argumentation: „Ob bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine Nutzungsentschädigung überhaupt in Betracht kommt oder sich in diesen Fällen der Schaden nur nach dem entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug bemisst, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Da es sich bei dem streitgegenständlichen VW-Bus um ein gewerblich genutztes Fahrzeug handelt, kann eine Nutzungsentschädigung des Geschädigten nur bei einer durch den Ausfall eingetretenen fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung in Betracht kommen. Eine solche fühlbare wirtschaftliche Beeinträchtigung lag bei dem Kläger jedoch nicht vor, da er nach seinem eigenen Vortrag Aufträge zurückgestellt hatte und einen Gewinnausfall durch den Einsatz seines zweiten Busses und durch Unternehmung weiterer erheblicher zeitaufwendiger logistischer Anstrengungen kompensieren konnte. Mangels messbarer wirtschaftlicher Beeinträchtigungen wird der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung deshalb zurückgewiesen.“

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.1.2014, Aktenzeichen VI ZR 366/13

27.03.2014 Rücktritt aufgrund eines verschwiegenen Vorschadens

Ein Rücktritt aufgrund eines verschwiegenen Vorschadens ist dann nicht möglich, wenn sich auf dem Kaufvertrag der Vermerk "Vorschaden vorhanden", der sich nicht ausschließlich auf ein defektes Fahrzeugteil bezieht, befindet. Im vorliegenden Fall hatte das Auto nicht nur einen Vorschaden am Kühlergrill, sondern auch am Träger des Kotflügels, der sich bei einem genauen Blick unter die Motorhaube auch deutlich erkennen ließ. Da der weitere Schaden so sichtbar war, ging das Amtsgericht Hannover davon aus, dass sich der Eintrag "Vorschaden vorhanden" nicht nur auf den defekten Kühlergrill bezog.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 27.03.2014, Aktenzeichen 563 C 10074/13

12.02.2014 Stellungnahme zu technischen Fragen

Voraussetzung einer erfolgreichen Durchsetzung der Forderung auf Ersatz der Kosten für eine Stellungnahme ist, dass der Sachverständige nicht nur textbausteinmäßig auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung verweist (also rein rechtlich argumentiert), sondern die aufgeworfenen Fragen auch aus technischer Sicht würdigt. Gegenstand einer solchen technischen Würdigung kann zum Beispiel die Ausstattung der Verweiswerkstatt oder der Aus- und Fortbildungsstand von deren Mitarbeitern sein. Zum Hintergrund: Bei fiktiver Abrechnung eines Schadens kürzen die eintrittspflichtigen Versicherungen die von einem privat beauftragten Gutachter kalkulierten Reparaturkosten in den meisten Fällen unter Hinweis auf günstigere Werkstätten. Die gekürzten Beträge belaufen sich oft auf 10 Prozent bis 20 Prozent der ursprünglich kalkulierten Nettoreparaturkosten. Solche Kürzungen sind laut BGH-Rechtsprechung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Unter anderem muss die – meist freie – Werkstatt, auf die verwiesen wird, in der Lage sein, die Reparatur in gleicher Qualität auszuführen wie eine Markenwerkstatt. Dies ist jedoch eine Frage, die der typische Geschädigte nicht selbst beurteilen kann. Es bietet sich an, den ursprünglich beauftragten Sachverständigen damit zu beauftragen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wer die Kosten trägt, die der Sachverständige für eine solche Stellungnahme in Rechnung stellt. Zu ersetzen sind grundsätzlich die „Kosten der Rechtsverfolgung“. Jedoch darf der Sachverständige dabei nicht ausschließlich rechtlich argumentieren, sondern in seiner Eigenschaft als technischer Experte – er muss also zu technischen Fragen Stellung beziehen.

Amtsgerichts Oberkirch, Urteil vom 12.2.2014, Aktenzeichen 1 C 63/13

12.02.2014 Keine allgemeine Helmtragepflicht für Fahrradfahrer

Kollidiert ein Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen, sich verkehrswidrig verhaltenden Verkehrsteilnehmer und erleidet er infolge des Sturzes unfallbedingte Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, muss er sich gleichwohl nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt oder infolge seiner persönlichen Disposition, beispielsweise aufgrund von Unerfahrenheit im Umgang mit dem Rad oder den Gefahren des Straßenverkehrs ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht - ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 12.02.2014, Aktenzeichen 14 U 113/13

06.02.2014 Wer muss zahlen bei Kettenauffahrunfalls

Der durch das Auffahren des hinteren Fahrzeugs beim Vordermann verursachte Schaden kann bei einem Kettenauffahrunfall hälftig zu teilen sein, wenn der Ablauf der Zusammenstöße der beteiligten Fahrzeuge nicht mehr aufzuklären ist. An einem Kettenauffahrunfall im Mai 2011 auf der Gildehauser Straße in Gronau waren die aus Gronau stammenden Parteien beteiligt, der Kläger mit seinem von seiner Frau gefahrenen Pkw Renault Grand Scénic und die Beklagte mit ihrem Pkw Renault Clio. Dabei prallte die Beklagte mit ihrem Fahrzeug als letzte der an dem Unfall insgesamt beteiligten vier Fahrzeuge auf das vor ihr fahrende Fahrzeug des Klägers. Das Fahrzeug des Klägers erlitt neben dem durch das Auffahren der Beklagten verursachten Heckschaden durch eine Kollision mit dem ihm vorausfahrenden Fahrzeug auch einen Frontschaden. Im Prozess konnte nicht aufgeklärt werden, ob die Ehefrau des Klägers unter Verkürzung des Bremsweges für die ihr folgende Beklagte zuerst auf das ihr vorausfahrende Fahrzeug aufgefahren war oder ob die Beklagte das klägerische Fahrzeug erst durch ihr Auffahren auf das vor dem klägerischen Pkw befindliche Fahrzeug aufgeschoben hatte. Mit der Begründung, ein Beweis des ersten Anscheins spreche für die Unaufmerksamkeit der auffahrenden Beklagten hat der Kläger von ihr 100%igen Ersatz des an seinen Wagen entstandenen Heckschadens von ca. 5.300 Euro verlangt. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger 50%igen Schadensersatz zugesprochen. Im vorliegenden Fall könne sich der Kläger, so der Senat, nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden der auffahrenden Beklagten berufen. Dass ein Verschulden der Beklagten die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges erhöht habe, stehe nicht fest. Er sei nicht bewiesen und ergebe sich nicht aus einem Beweis des ersten Anscheins. Zwar spreche bei gewöhnlichen Auffahrunfällen regelmäßig der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende mit einem zu geringen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gefahren sei oder zu spät reagiert habe. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei bei Kettenauffahrunfällen wie dem vorliegenden aber nicht anzuwenden. Der von dem Beweis des ersten Anscheins vorausgesetzte typische Geschehensablauf liege nicht vor, wenn nicht feststehe, ob das vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen sei. In diesem Fall bestehe die Möglichkeit, dass der Vorausfahrende für den auffahrenden Verkehrsteilnehmer unvorhersehbar und ohne Ausschöpfung des Anhalteweges "ruckartig" zum Stehen gekommen sei, in dem er seinerseits auf seinen Vordermann aufgefahren sei. Da auch ein Verschulden der Ehefrau des Klägers nicht feststehe, sei es gerechtfertigt, die Betriebsgefahr der Fahrzeuge der beiden Parteien gleich hoch zu bewerten und eine Haftungsteilung zu gleichen Teilen vorzunehmen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 06.02.2014, Aktenzeichen 6 U 101/13

28.01.2014 Unfall durch Öffnen einer Fahrzeugtür

Eine Fahrzeugtür darf nur dann geöffnet werden, wenn dadurch keine Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Ist die Tür allerdings schon offen und stößt ein von hinten kommendes Auto dagegen, weil der Fahrzeugführer einen zu geringen Seitenabstand eingehalten hat, muss er 50 Prozent des Schadens tragen. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mann sein Fahrzeug auf einem Parkstreifen rechts neben der Fahrbahn abgestellt und die hintere linke Autotür geöffnet, um etwas aus dem Kfz zu holen. Der von hinten kommende Autofahrer sah die offene Tür nicht und näherte sich dem parkenden Kfz mit einem Seitenabstand zu den rechts parkenden Fahrzeugen von nur 70 cm, obwohl er links auf der Fahrspur noch ausreichend Platz hatte. Als er die in die Straße hereinragende Tür und die daneben stehende Person erkannte, konnte er nicht mehr ausweichen, kollidierte mit der Tür und verletzte den Eigentümer des beschädigten Kfz. Der verlangte daraufhin den vollständigen Ersatz seines Schadens sowie Schmerzensgeld. Der Autofahrer verweigerte eine Zahlung jedoch. Da es bereits dunkel gewesen sei, habe er die in die Straße hineinragende Tür trotz Straßenbeleuchtung nicht sehen können; der Geschädigte habe den Unfall zumindest mitverursacht, weil er die Autotür habe offen stehen lassen. Das OLG Frankfurt a. M. war der Ansicht, dass der Unfall von beiden Beteiligten verursacht wurde und bejahte somit eine Mithaftungsquote des Autofahrers zu 50 Prozent. So hat der Geschädigte gegen § 14 I StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen, weil er die Tür offen gelassen hat, obwohl sie in der Dunkelheit ohnehin schwer erkennbar war. Hätte er dagegen die rechte Fahrzeugtür geöffnet und den Gegenstand dort herausgeholt, hätte er den Unfall vermeiden können. Demgegenüber hat der Autofahrer keinen ausreichenden Seitenabstand zum parkenden Auto eingehalten. Zwar gibt es keine gesetzliche Regelung zum Mindestabstand; wer bei Fahrzeugen aber einen Mindestabstand von einem Meter und bei Radlern bzw. Fußgängern von 1,5 – 2 Metern hält, ist grundsätzlich „auf der sicheren Seite“. Vorliegend wollte der Autofahrer aber mit einem Mindestabstand von nur 70 cm an dem parkenden Kfz vorbeifahren, obwohl er nach links hin noch genügend Platz hatte. Er war ferner unaufmerksam, da er die offene Tür hätte sehen müssen – schließlich hat der Geschädigte sie nicht gerade erst geöffnet oder sie plötzlich aufgerissen. Die Unaufmerksamkeit führt aber nicht automatisch zu einem weiteren Verkehrsregelverstoß gegen das sog. Sichtfahrgebot nach § 3 I 4 StVO. Danach muss man die Geschwindigkeit an etwa die Straßen- bzw. Sichtverhältnisse oder die persönlichen Fähigkeiten anpassen. Zwar war es zur Zeit des Unfalls dunkel, die Straße sowie der Unfallort wurden jedoch ausreichend durch Straßenlampen erleuchtet, wohingegen die Tür laut Sachverständigengutachten tatsächlich schwer zu erkennen war, sodass der Autofahrer nicht langsamer fahren musste.

Oberlandesgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 28.01.2014, Aktenzeichen 16 U 103/13

28.01.2014 Kosten für Kostenvoranschlag sind erstattungsfähig

Auch die Kosten für einen Kostenvoranschlag, die als Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind, sind erstattungsfähig nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Gerade mit einem Kostenvoranschlag kommt der Geschädigte seiner Schadenminderungspflicht nach und hält die Aufwendungen zur Schadenfeststellung gering. Zu beachten ist, dass sich der Geschädigte nicht auf einen „kostenlosen“ Kostenvoranschlag durch eine Werkstatt verweisen lassen muss, da es keinen sicheren Erfahrungsschatz dahingehend gibt, dass in jedem Fall eine Verrechnung erfolgt. Das AG Böblingen entschied: Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht des Geschädigten liegt dann nicht vor, wenn er bei einem Haftpflichtschaden in Höhe von unter 700 Euro kein aufwendiges Schadengutachten, sondern eine Kostenkalkulation eines Sachverständigen einholt, für die dieser 70 Euro berechnet. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Geschädigter als Laie den ihm entstandenen Schaden vorab zu bewerten hat; inwieweit diesbezüglich Reparaturkosten unterhalb oder oberhalb der Bagatellgrenze anfallen, vermag der Laie in der Regel nicht sicher zu beurteilen. Würde man in solchen Fällen die Erstattung des Kostenvoranschlages ablehnen, hätte dies zur Konsequenz, dass der Geschädigte bei einem Schaden im Bereich von Bagatellgrenzen oder bei kleineren Schäden entweder nicht konkret beziffern könnte oder einen Teil seines Schadens, nämlich die für den Kostenvoranschlag verauslagten Kosten, nicht ersetzt bekäme. Dies entspricht aber nicht den Grundsätzen des Schadensersatzrechts im Bereich der Verkehrsunfallhaftung.

Amtsgericht Böblingen, Urteil vom 28.1.2014, Aktenzeichen 2 C 2391/13

16.01.2014 Keine Abzüge bei ausgelasteter Werkstatt

Repariert ein Kfz-Betrieb ein eigenes Fahrzeug, das durch Fremdeinwirkung beschädigt wurde, kann er von der gegnerischen Versicherung den üblichen Stundenverrechnungssatz und Ersatzteilaufschläge fordern. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass die Werkstatt nach der unverschuldeten Schädigung zugunsten der Versicherung auf Umsatz und Gewinn verzichten muss. Voraussetzung ist allerdings eine vollständige Auslastung der Werkstatt. Im zugrunde liegenden Fall musste darüber Entscheidung gefällt werden, ob die Klägerin als Geschädigte eines Verkehrsunfalls, die selbst gewerbsmäßig Kraftfahrzeuge instand setzt, Abzüge auf die übrigen unstreitigen Reparaturkosten in Höhe eines Unternehmergewinns von 10 Prozent der Nettomaterialkosten und der 10-prozentigen Ersatzteilaufschläge hinnehmen muss. Um diese Positionen hatte die beklagte regulierungspflichtige Haftpflichtversicherung die Reparaturkosten gekürzt. Die Richter legten dar, dass sich ein Geschädigter im Rahmen der Schadenabwicklung einerseits nicht bereichern dürfe. Andererseits dürfe aber auch der Geschädigte, der sein unfallgeschädigtes Fahrzeug selbst repariert, den Geldbetrag ersetzt verlangen, den eine Kraftfahrzeugwerkstatt verlangen würde. Dieser Grundsatz müsse daher auch für Kraftfahrzeugwerkstätten gelten, die die Reparatur ihres geschädigten Fahrzeugs selbst ausführen und in dieser Zeit die Instandsetzungskapazitäten ihres Betriebes anderweitig und bestimmungsgemäß gewinnbringend nicht einsetzen können. Denn die Reparaturwerkstatt hätte in der fraglichen Zeit Fremdaufträge ausführen und dann ebenfalls den Unternehmergewinn einnehmen können. Zugunsten des Schädigers müsse die Kfz-Werkstatt nicht auf den Unternehmergewinn verzichten, erklärte das AG Ellwangen. Gleiches gelte für die geforderten Ersatzteilaufschläge, denn bei Durchführung eines Fremdauftrages hätten diese ohne weiteres berechnet werden können. Die geschädigte Kfz-Werkstatt dürfe nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass sie für eine Eigenreparatur auf ihren Lagerbestand zurückgreift. Da die Klägerin – wäre das Schadenereignis nicht eingetreten – anstelle ihres eigenen Fahrzeugs einen Kundenauftrag hätte abwickeln können, liegt nach Ansicht des AG Ellwangen keine Bereicherung der Klägerin vor, sodass weder ein Unternehmergewinnabzug noch der Abzug der 10-prozentigen Ersatzteilaufschläge gerechtfertigt sei.

Amtsgerichts Ellwagen, Entscheidung vom 16. Januar 2014, Aktenzeichen 2 C 195/12

05.12.2013 Keine Wartefrist bei Restwertverkauf

Einem Unfallgeschädigten ist es grundsätzlich erlaubt, sein Auto zu dem durch einen Sachverständigen ermittelten Restwert sofort zu verkaufen, wenn ihm zu diesem Zeitpunkt kein höheres Gebot vorliegt, das er ohne Mühe realisieren könnte. Der Geschädigte ist also nur unter besonderen Umständen gehalten, eine sich bietende günstigere Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen, statt sein Fahrzeug in der grundsätzlich zulässigen Weise zum im Gutachten ermittelten Restwert zu veräußern. Derartige Ausnahmen müssen jedoch in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass dem Geschädigten die von dem Schädiger gewünschte Verwertungsmethode aufgezwungen wird. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der Geschädigte „Herr des Restitutionsgeschehens“ ist. Ihm aufzuerlegen, abzuwarten, bis der Schädiger bzw. dessen Versicherung den Restwert geprüft und weitere Angebote eingeholt hat, würde diesen Umstand weitgehend unberücksichtigt lassen. Dem Geschädigten würde durch die Pflicht abzuwarten, das Risiko aufgebürdet, durch den Zeitablauf, der durch die Prüfung seitens des Schädigers bzw. der Versicherung entsteht, die Möglichkeit der Realisierung des Restwertes zu den vom Sachverständigen ermittelten Bedingungen zu verlieren. Eine Pflicht zur Annahme des günstigeren und zumutbaren Verwertungsangebots, das der Schädiger bzw. seine Versicherung eingeholt hat, kann daher grundsätzlich nur bestehen, wenn dieses dem Geschädigten aus welchen Gründen auch immer bereits vor der Veräußerung vorliegt.

Amtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil vom 5.12.2013, Aktenzeichen 915 C 397/13

29.10.2013 Warndreieck nicht aufgestellt

Weil es der Fahrer seines Sattelzuges bei einem Notstopp auf der Autobahn versäumte, ein Warndreieck aufzustellen, erhält der klagende Fahrzeughalter nur 50 Prozent seines Schadens ersetzt, der durch den - aus Unaufmerksamkeit seines Fahrers - auffahrenden Sattelzug des Beklagten verursacht wurde. Der Fahrer des Sattelzuges der klagenden Logistikfirma aus Ladbergen musste im September 2011 am rechten Fahrbahnrand der an dieser Stelle seitenstreifenlosen BAB 10 (Berliner Ring) nothalten, weil er erbrechen musste. Bei dem in die rechte Fahrspur hereinragenden Sattelzug schaltete der Fahrer die Warnlichtblinkanlage an. Ein Warndreieck stellte er nicht auf. Weil der erstbeklagte Fahrer eines vom Zweitbeklagten aus Chemnitz gehaltenden Sattelzuges das vor ihm stehende klägerische Fahrzeuggespann aus Unachtsamkeit streifte und diesem nicht vollständig auswich, hat der Kläger vollen Ersatz seines Sachschadens in Höhe von ca. 29.000 € begehrt. Einen Restschaden von ca. 14.500 EUR hat er im Prozess geltend gemacht, nachdem die Haftpflichtversicherung der Beklagten den Schaden unter Berücksichtigung einer 50-prozentigen Mithaftung des klägerischen Fahrers reguliert hatte. Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die 50-prozentigen Mithaftung der Klägerin für den Verkehrsunfall bestätigt. Die Betriebsgefahr des klägerischen Sattelzuges sei deutlich erhöht gewesen, weil es als haltendes Fahrzeug recht weit in die rechte Fahrbahn der BAB hineingeragt habe und nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Mit einem auf der Fahrbahn haltenden Fahrzeug müsse der nachfolgende Verkehr auf einer BAB grundsätzlich nicht rechnen. Deswegen müsse der Fahrer eines haltenden Fahrzeugs alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen nach § 15 Straßenverkehrsordnung ergreifen. Auch bei einem berechtigten Notstopp dürfe er sich nicht mit dem Einschalten der Warnblinkanlage begnügen, sondern müsse entweder ein Warndreieck aufstellen oder - wenn möglich - sofort weiterfahren. Letzteres habe der Fahrer des klägerischen Gespanns versäumt, indem er nach dem Abklingen seiner Übelkeit zunächst sich und das Fahrzeug gereinigt habe, ohne zuvor ein Warndreieck aufzustellen.

Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 29.10.2013, Aktenzeichen 26 U 12/13

13.08.2013 Ersatz von Urlaubsgeld durch Schädiger

In einem Haftungsprozess aufgrund eines Verkehrsunfalls machte der Arbeitgeber der Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers Ersatz des fortgezahlten Bruttogehalts zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sowie einen Anspruch auf Ersatz anteiligen Urlaubsentgelts geltend (§ 7 Abs. 1, § 11 Satz 1 StVG, § 115 VVG, § 6 EntgFG). Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Arbeitgeber recht. Der Urlaubsanspruch der Geschädigten sei nicht verfallen, denn wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert sei, verfielen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Bei der Berechnung des vom Schädiger zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgelts sei der Gesamtjahresverdienst auf die Jahresarbeitstage unter Abzug der Urlaubstage umzulegen. Dies habe seinen Grund darin, dass während der Urlaubszeit nicht gearbeitet werde und der Jahresverdienst daher an den restlichen Arbeitstagen zu verdienen sei. Zur Berechnung stellte der BGH in dem Urteil eine mathematische Formel auf.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. August 2013, Aktenzeichen VI ZR 389/12

02.07.2013 Umfahren von roter Ampel über Tankstellengelände

Wer eine rote Ampel über einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich - hier ein Tankstellengelände - umfährt, begeht keinen Rotlichtverstoß. Der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm hat den Betroffenen freigesprochen. Das Umfahren einer Lichtzeichenanlage könne zwar einen Rotlichtverstoß darstellen. Das Rotlicht verbiete aber nicht, vor der Ampelanlage abzubiegen und über eine reguläre Zufahrt einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen Parkplatz oder ein Tankstellengelände einzufahren. Von diesem Bereich dürfe man dann auch auf den hinter der Lichtzeichenanlage gelegenen Verkehrsraum einfahren. Auch wenn dieser noch durch die Anlage geschützt sei, liege kein Rotlichtverstoß des Betroffenen vor, weil das Rotlicht nur für den Verkehrsteilnehmer gelte, der es - in seiner Fahrtrichtung gesehen - vor sich habe. Allerdings gilt: Das Rotlicht einer Ampelanlage ordnet ein Halten vor der Kreuzung oder Einmündung an. Es schütz den Quer- oder Einmündungsverkehr, der sich aufgrund des für ihn angezeigten Grünlichts darauf verlassen können muss, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung keine Fahrzeuge in den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich hineinfahren. Zu dem durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich gehört deswegen der gesamte Kreuzungs- und Einmündungsbereich, außer der Fahrbahn auch parallel verlaufende Randstreifen, Parkstreifen, Radwege oder Fußwege. Geschützt ist dieser Bereich nicht nur vor sondern auch ca. 10-15m hinter der Lichtzeichenanlage. Deswegen begeht einen Rotlichtverstoß, wer vor einer roten Ampel die Fahrbahn verlässt und die Lichtzeichenanlage dann über einen Gehweg, Randstreifen, Parkstreifen, Radweg oder Busspur umfährt; ebenso derjenige, der auf einer durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in den Kreuzungsbereich einfährt und dann nach der Haltelinie auf einen durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen wechselt.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 02.07.2013, Aktenzeichen 1 RBs 98/13

09.04.2013 Nichttragen von Motorradschuhen

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte sich ein Motorradfahrer bei einem Parkunfall schwer verletzt. Der Fahrer eines rückwärts aus einer seitlichen Parklücke ausparkenden PKW hatte den Motorradfahrer übersehen und mit der Heckstoßstange erwischt. Der Motorradfahrer - mit Helm, Motorradjacke und -handschuhen sowie einer Arbeitshose und Sportschuhen bekleidet - geriet mit dem Fuß in die scharfe Schadensstelle, die der Aufprall der Fahrzeuge hinterlassen hatte. Um seinen Schadensersatz (ärztliche Behandlung und Schmerzensgeld) geltend zu machen, zog der Motorradfahrer vor Gericht, welches dem PKW-Fahrer eine Unfallschuld von 100% zuwies und dem Motorradfahrer den vollen geforderten Betrag zusprach. Hiergegen jedoch wehrte sich der PKW-Fahrer in der nächsten Instanz - dem OLG Nürnberg - mit dem Argument, dass der Motorradfahrer Motorradschuhe hätte tragen können. Hätte er dies getan, so wäre die Verletzung nicht so schlimm ausgefallen, was ein Mitverschulden des Kradfahrers von 50% begründen sollte. Die Richter schlossen sich dieser Argumentation jedoch nicht an und führten aus, dass weder die StVO noch die „allgemeine Verkehrsanschauung" bestimmen würden, dass Motorradschuhe beim Fahren eines Motorrades Pflicht seien.

Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 09.04.2013, Aktenzeichen 3 U 1897/12

11.03.2013 Provozierter Unfall

Provoziert ein Autofahrer einen Unfall, indem er beispielsweise plötzlich und grundlos vor der für den Fahrzeugverkehr Grünlicht zeigenden Ampel bremst, willigt er in die Beschädigung seines Fahrzeugs ein, so dass ihm mangels Rechtswidrigkeit der Beschädigung kein Schadensersatzanspruch zusteht. Oftmals werde eine Auffahrkonstellation für provozierte Unfälle gewählt, weil sie gut beherrschbar und weitgehend ungefährlich sei. Zumeist führe sie zu einer „eindeutigen“ Haftung, weil ein Anscheinsbeweis für die Alleinhaftung des Auffahrenden spreche und eine Mitverursachung durch das vordere Fahrzeug selten in Betracht komme. Sie sei zudem wirtschaftlich interessant, weil sie regelmäßig zur Ermittlung hoher Reparaturkosten führe, die auch abgerechnet würden, während das beschädigte Fahrzeug dann in Eigenregie mit relativ geringem Aufwand instand gesetzt werde. Typisch für einen manipulierten Unfall sei zudem, dass der Kläger sein Fahrzeug wenige Monate vor dem Unfall erworben, mit ihm bereits einen Vorunfall erlitten und es dann nach dem Unfall weiterveräußert habe.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11.03.2013, Aktenzeichen 6 U 167/12

28.02.2013 E-Bike: kein Kraftfahrzeug mit 0,5 Promillegrenze

Ein E-Bike muss kein Kraftfahrzeug sein, für das die 0,5 Promillegrenze des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) gilt. Um dies zu beurteilen bedarf es weiterer Feststellungen zu den technischen Eigenschaften des Fahrzeugs. Dem Betroffenen wird zur Last gelegt, im Juli 2012 ein E-Bike mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille geführt und damit gegen die Vorschrift des § 24a StVG verstoßen zu haben, die das Führen eines Kraftfahrzeuges mit mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut als Ordnungswidrigkeit untersagt. Um das E-Bike des Betroffenen in Bewegung zu versetzen, müssen seine Pedale getreten werden. Danach kann das E-Bike mit dem Elektromotor angetrieben und beschleunigt werden, indem ein Griff am Lenkrad gedreht wird. Weitere technische Eigenschaften des E-Bikes sind nicht bekannt. Das Amtsgericht hat den dem Betroffenen vorgeworfenen Sachverhalt festgestellt und ihn wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24a StVG zu einer Geldbuße von 750 € und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt. Die gegen das Urteil vom Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg. Der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Paderborn zurückverwiesen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts bleibe unklar, ob der Betroffene in rechtlicher Hinsicht ein Kraftfahrzeug oder ob er lediglich ein Fahrrad geführt habe. Die rechtliche Einordnung sog. E-Bikes als Fahrrad oder Kraftfahrzeug sei teilweise noch ungeklärt, obergerichtliche Rechtsprechung liege noch nicht vor. § 24a StVG ahnde nicht das Führen eines pedalgetriebenen Fahrrades sondern nur das Führen eines Kraftfahrzeuges, weil von einem Kraftfahrzeug insbesondere wegen der erzielbaren Geschwindigkeit eine höhere Gefährlichkeit ausgehe und das Führen von Kraftfahrzeugen auch höhere Leistungsanforderungen an den Fahrer stelle. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Straftatbestandes des § 316 StGB müsse deswegen das Führen eines relativ langsamen und leicht zu bedienenden Fahrzeugs nicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden. E-Bikes, die als Fahrräder mit einem elektrischen Hilfsantrieb gebaut seien, der sich beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h abschalte, seien daher unabhängig von einer etwaigen Anfahrhilfe nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen. Da nicht geklärt sei, wie das E-Bike des Betroffenen einzuordnen sei, müsse die Sache vom Amtsgericht neu verhandelt und entschieden werden.

Oberlandesgerichts Hamm, Beschluss vom 28.02.2013,Aktenzeichen 4 RBs 47/13

18.02.2013 Mobiltelefon als Navigationshilfe

Ein Mobiltelefon darf beim Autofahren auch dann nicht aufgenommen oder festgehalten werden, wenn es nur als Navigationshilfe benutzt wird. Der Betroffene hatte während einer Fahrt mit seinem Pkw ein Mobiltelefon in der Hand gehalten und auf dieses getippt, um es als Navigationsgerät zu nutzen. Dabei hatte er eine neben ihm befindliche Polizeistreife nicht bemerkt. Gegen die vom Amtsgericht gegen ihn wegen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) ausgeurteilte Geldbuße von 40 € hatte er u.a. eingewandt, das Verbot dieser Vorschrift erfasse nicht die Benutzung des Mobiltelefons als Navigationshilfe. Der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die Bußgeldentscheidung des Amtsgerichts Essen bestätigt. Das Amtsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene sein Mobiltelefon während der Fahrt in der rechten Hand vor sein Gesicht gehalten und dabei zugleich getippt habe. Auch wenn er mit dem Gerät nicht telefoniert, sondern dieses nur als Navigationsgerät genutzt habe, sei dies eine gemäß § 23 Abs. 1a StVO verbotene „Benutzung“. Eine solche liege in jeder bestimmungsgemäßen Bedienung des Geräts, mithin auch in dem Abruf von Navigationsdaten. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, dass der Fahrzeugführer beide Hände frei habe, um die „Fahraufgabe“ zu bewältigen, während er ein Mobiltelefon benutze. Deswegen sei jegliche Nutzung des Geräts untersagt, soweit das Mobiltelefon in der Hand gehalten werde, weil der Fahrzeugführer dann nicht beide Hände für die Fahraufgabe zur Verfügung habe.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 18.02.2013, Aktenzeichen III-5 RBs 11/13

13.02.2013 Verkehrsregeln in Tiefgarage

Auch die Benutzer von Tiefgaragen vertrauen im Regelfall darauf, dass die Verkehrsregeln der Straßenverkehrsordnung beachtet werden; nach allgemeiner Meinung gilt an solchen Plätzen somit auch eine besondere gegenseitige Rücksichtnahmepflicht. Deshalb genießen auch dort die Verkehrsteilnehmer, die sich auf den Durchfahrtsspuren befinden, Vorfahrt. Bei bekannten gefährlichen Situationen muss sich ein Tiefgaragenbenutzer gegebenfalls von einer anderen Person einweisen lassen, wenn sein eigenes Sichtfeld eingeschränkt ist. Auch beim Rückwärtsfahren habe man sich nach der Straßenverkehrsverordnung so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Gleiches gelte auch für denjenigen, der aus einer Parkbucht auf die Fahrbahn ausfahre.

Amtsgericht München, Urteil vom 13.02.13, Aktenzeichen 343 C 26971/12

08.02.2013 Aufsichtspflicht: Fahrradunfall eines 6-Jährigen

Unlängst hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit der Aufsichtspflicht von Eltern für einen 6 Jahre und einen Monat alten Jungen, der mit einem Kinderrad den vor dem elterlichen Haus gelegenen öffentlichen Gehsteig befährt, auseinanderzusetzen. Dem Verfahren liegt ein Fahrradunfall zugrunde, bei dem eine Frau durch den Jungen verletzt worden ist: Er war bei der Ausfahrt von dem Hofgelände mit seinem Fahrrad auf den unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Radweg geraten und dort mit der geschädigten Radfahrerin Frau kollidiert, wodurch diese zu Schaden gekommen ist. Das OLG hat eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern verneint. Die elterlichen Pflichten umfassen auch die sinnvolle Hinführung des Kindes zu einem selbstständigen, verantwortungsbewussten und umsichtigen Verhalten im Straßenverkehr. Das ist jedoch nur möglich, wenn das Kind auch altersgerecht Gelegenheit erhält, sich ohne ständige Beobachtung, Kontrolle und Anleitung selbst im Verkehr zu bewähren. Allein die Tatsache, dass der Junge ohne ständige Beaufsichtigung durch die Eltern den vor dem elterlichen Haus gelegenen Gehsteig mit seinem Kinderfahrrad benutzt hat, vermag eine Aufsichtspflichtverletzung nicht zu begründen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 08.02.2103, Aktenzeichen 9 U 202/12

06.02.2013 Nutzungsausfall für Fahrzeuge für 555 Tage

Ist der Geschädigte selbst nicht zur Vorfinanzierung der Reparatur des Schadens ohne Kreditaufnahme in der Lage und hat er den unfallgegnerischen Versicherer im Hinblick auf seine Warnpflicht nach § 254 Abs. 2 BGB darauf aufmerksam gemacht, dass er ohne dessen Zahlung nicht zur Schadenbeseitigung und damit zur Wiederherstellung der Mobilität in der Lage ist, kann es für den Versicherer teuer werden. Er muss dann gegebenenfalls auch für 555 Tage Nutzungsausfallentschädigung gemäß Tabelle leisten, wenn er erst nach so langer Zeit zahlt.

Landgericht Aachen, Urteil vom 6.2.2013, Aktenzeichen 11 O 189/12

05.02.2013 Umsatzsteuer auch bei Ersatzbeschaffung

Im Rahmen der fiktiven Schadenabrechnung hat der Geschädigte auch bei einer Ersatzbeschaffung Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer – allerdings nur in der Höhe, wie sie laut Sachverständigengutachten auf eine Reparatur angefallen wäre. Im zugrunde liegenden Falle erlitt der Kläger am 20.12.2009 unverschuldet einen Verkehrsunfall. Die Eintrittspflichtigkeit der Unfallverursacherin stand dem Grunde nach fest. Der Kläger sah von einer Reparatur seines beschädigten Fahrzeugs ab und veräußerte dieses. Sodann erwarb er am 7.1.2010 ein Ersatzfahrzeug für 25.592,44 Euro zzgl. 4.862,56 Euro Umsatzsteuer. Die Unfallverursacherin verweigerte die Regulierung der nachgeforderten Umsatzsteuer. Auf die Klage des Geschädigten hin sprach das Amtsgericht Luckenwalde die nachgeforderte Umsatzsteuer zu. Die Berufung der Unfallverursacherin hiergegen wurde in der zweiten Instanz (Landgericht Potsdam) zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Revision der Beklagtenseite vor dem Bundesgerichtshof, welche allerdings ebenfalls erfolglos war.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 5. Februar 2013, Aktenzeichen VI ZR 363/11

18.12.2012 Fahrverbotsvollstreckung

Die Abgabe des Führerscheins ist bei jeder das Führerscheindokument entgegennehmenden Ordnungsbehörde als Abgabe in amtliche Verwahrung im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 2 StVG anzuerkennen. § 25 Abs. 2 Satz 2 StVG erfordert für eine amtliche Verwahrung nicht zwingend, dass der Führerschein nach einer gerichtlichen Entscheidung bei der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde eingereicht wird.

Amtsgericht Parchim, Beschluss vom 18.12.2012, Aktenzeichen 5 OWiG 424/12

17.08.2012 Betrunkenes Fahrradfahren

Auch einem Fahrradfahrer, der eine Fahrerlaubnis für Fahrzeuge nicht besitzt, ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzugeben, nachdem er mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr mit dem Fahrrad im Straßenverkehr aufgefallen ist. Legt er ein solches Gutachten nicht vor, darf ihm das Führen jedes Fahrzeuges, also auch eines Fahrrads, verboten werden.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.08.2012, Aktenzeichen 10 A 10284/12.OVG

21.06.2012 Vier-Augen-Prinzip

Ein „Vier-Augen-Prinzip", nach dem eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät nur dann zur Grundlage einer Verurteilung in einer Bußgeldsache gemacht werden kann, wenn der vom Gerät angezeigte Messwert und seine Übertragung in das Messprotokoll von einem zweiten Polizeibeamten kontrolliert worden ist, gibt es nicht. Das hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 21.06.2012 entschieden und damit die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil des Amtsgerichts Detmold als unbegründet verworfen. Auch bei Lasermessgeräten, die ein Messergebnis nicht fotografisch-schriftlich dokumentierten, sei der vom Gerät angezeigte Messwert und dessen Zuordnung zu einem bestimmten Fahrzeug im Einzelfall nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen und könne z.B. durch Zeugenaussage eines beteiligten Polizeibeamten geklärt werden. Es existiere kein Beweisverbot, das die Verwertung eines allein von einem - und ohne Kontrolle durch einen weiteren - Polizeibeamten festgestellten Messwertes untersage. Wegen des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung gebe es auch es keine Beweisregel, die ein derartiges „Vier-Augen-Prinzip" als Voraussetzung für gerichtliche Feststellungen vorschreibe.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.06.2012, Aktenzeichen III-3 RBs 35/12

15.05.2012 "Polleralarm"

Beim Aufstellen absenkbarer Poller muss der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrsteilnehmer nachhaltig davor warnen, dass die Polleranlage nur einzeln passiert werden darf. Genügt der Verkehrssicherungspflichtige dieser Warnpflicht, ist es zur Verkehrssicherung nicht erforderlich, die Polleranalge so zu konstruieren, dass sich der Poller auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem ausfahrenden Poller nähert.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 15.5.2012, Aktenzeichen 4 U 54/11-16

07.02.2012 Quotelung von Sachverständigenkosten

Trifft den geschädigten Fahrzeughalter an dem Unfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, ein Mitverschulden, ist sein Ersatzanspruch gegebenenfalls auf eine Haftungsquote begrenzt. Fraglich ist, ob auch die Sachverständigenkosten wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten zu quoteln sind, oder ob der Geschädigte die Sachverständigenkosten trotz seines Mitverschuldens in voller Höhe beanspruchen kann. Nachdem in der Rechtsprechung diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen vertreten wurden, hat der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr klargestellt, dass die Sachverständigenkosten ebenso wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten nur im Umfang der Haftungsquote zu ersetzen sind.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 07.02.2012, Aktenzeichen VI ZR 133/11 und VI ZR 249/11

07.02.2012 Haftung des Linksabbiegers

Für die Folgen eines Verkehrsunfalls hat der Linksabbieger, der die ihn gemäß § 9 III S.1 StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet hat, regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest zum größten Teil zu haften.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7.2.2012, Aktenzeichen VI ZR 133/11

11.01.2012 Fahrlässige Verletzung vertraglicher Obliegenheit

Der Versicherer kann bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer in Ausnahmefällen die Leistung vollständig versagen (hier: Kürzung auf null bei absoluter Fahruntüchtigkeit). Dazu bedarf es der Abwägung der Umstände des Einzelfalles

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.01.2012, Aktenzeichen IV ZR 251/10

10.01.2012 Keine Preisvergleichspflicht vorm Abschleppen

Der Geschädigte, dessen Fahrzeug unmittelbar nach einem Unfall abgeschleppt werden muss, braucht nicht vor der Beauftragung des Abschleppdienstes Preise zu vergleichen. Das ist ihm in der Situation unzumutbar. Im Vordergrund steht an dieser Stele die möglichst schnelle Räumung der Unfallstelle.

Arbeitsgericht Stade, Urteil vom 10.1.2012, Aktenzeichen 61 C 946/11

21.12.2011 "Neuwagen"-Eigenschaft

Der Bundesgerichtshof entschied unlängst, dass die Verpflichtung, in der Werbung für Neuwagen Angaben zum Kraftstoffverbrauch des angebotenen Fahrzeugs zu machen, auch für Vorführwagen gelten kann. Der Bundesgerichtshof berief sich auf die in Rede stehende Verordnung, mit der eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt worden ist, und welche in § 2 eine eigenständige Definition des Begriffs des neuen Personenkraftwagens enthält. Sie fasst darunter alle "Kraftfahrzeuge …, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden". Aus diesem Grund kann nicht auf den im nationalen Recht entwickelten Begriff des Neuwagens zurückgegriffen werden, den der Bundesgerichtshof im Kaufrecht bei der Frage der zugesicherten Eigenschaft oder im Wettbewerbsrecht bei der Frage der Irreführung zugrunde legt. Die gesetzliche Definition stellt an sich auf die Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs ab. Dabei kommt es indessen - so der Bundesgerichtshof - nicht auf die konkreten Vorstellungen an, die sich der Händler beim Erwerb des Fahrzeugs macht und die ohnehin kaum ermittelt werden könnten. Entscheidend sind vielmehr objektivierbare Umstände, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug alsbald verkauft werden soll, ohne dass damit eine kurzfristige Zwischennutzung im Betrieb des Händlers - etwa als Vorführwagen - ausgeschlossen wäre. Als objektiven Umstand hat der Bundesgerichtshof auf die Kilometerleistung abgestellt: So spricht eine Kilometerleistung über 1000 km des angebotenen Fahrzeugs dafür, dass der Händler das Fahrzeug (auch) zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs - nämlich für die nicht ganz unerhebliche Eigennutzung - erworben hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.12.2011, Aktenzeichen I ZR 190/10

13.12.2011 Auffahrunfall nach Spurwechsel

Bei Auffahrunfällen auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis regelmäßig nicht anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Aktenzeichen VI ZR 177/10

13.12.2011 Deckungsschutzanfrage durch Mandaten

Befindet sich bei der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens der Haftpflichtversicherer des Schädigers mit der Ersatzleistung in Verzug, sind Rechtsanwaltskosten, die der Geschädigte im Zusammenhang mit der Einholung einer Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers verursacht hat, nur zu erstatten, soweit sie aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2011, Aktenzeichen VI ZR 274/10

02.12.2011 Abschleppen eines PKW von Privatgrundstück

Auch Kosten, die nur im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines unbefugt abgestellten Fahrzeuges von einem Privatparkplatz entstehen, sind gerechtfertigt. Das unbefugte Abstellen stellt eine verbotene Eigenmacht (§858 I BGB) dar, der sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug kostenpflichtig abschleppen lässt. Der Ersatzanspruch des Eigentümers beschränkt sich dann nicht auf die reinen Abschleppkosten. Der Anspruch umfasst auch Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppens entstanden sind, so z.B. Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeuges, Halteranfrage, Anforderung eines geeigneten Abschleppfahrzeuges. Diese Kosten dienen der Vorbereitung des Abschleppvorgangs und sind daher Teil des ausgeübten Selbsthilferechts gem. §859 BGB. Nicht zu ersetzen sind allerdings die allgemeinen Kosten für die Überwachung des Parkplatzes im Hinblick auf unberechtigtes Parken. Solchen allgemeinen Überwachungsmaßnahmen fehlt der Bezug zur konkreten Besitzstörung. Auch verstößt die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.12.2011, Aktenzeichen V ZR 30/11

15.11.2011 Reparaturkostenersatz oberhalb der 130%-Grenze

Die Erstattung von Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert ist regelmäßig nicht gerechtfertigt, wenn der Geschädigte sein Kfz nicht vollständig und fachgerecht nach den Vorgaben des Sachverständigen instand setzt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.11.2011, Aktenzeichen VI ZR 30/11

21.10.2011 Steinschlagschaden durch Lkw

Die Voraussetzungen einer Haftung des Halters sind erfüllt, wenn ein Stein nachweislich infolge der Fahrt des vorausfahrenden Kfz in Bewegung gesetzt wurde und dieser sodann beim Auftreffem die Frontscheibe des nachfolgenden Fahrzeugs beschädigt hat. In diesem Fall obliegt dem durch den Steinschlag Geschädigten nicht zusätzlich die Darlegung und der Beweis der "genauen Art und Weise der Schadensverursachung". Die Frage, ob der Stein von den Rädern des vorausfahrenden Fahrzeugs aufgewirbelt wurde oder von seiner unzureichend gesicherten Ladefläche herabgefallen ist, ist vielmehr nur für die Frage eines Haftungsausschlusses nach § 17 II, III relevant.

Landgericht Heidelberg, Urteil vom 21.10.2011, Aktenzeichen 5 S 30/11

11.10.2011 Fahrverbot: Absehen bei Existenzgründung

Von einem Regelfahrverbot kann bei einem Arbeitslosen abgesehen werden, wenn er sich in der Phase der unmittelbar bevorstehenden Existenzgründung befindet und für diese Tätigkeit, etwa zur Kundenakquise, auf die Nutzung des Fahrzeugs angewiesen ist. Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Wuppertal im Fall eines Autofahrers, der auf der Autobahn die dort vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten hatte. Neben einem Bußgeld wurde ihm ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Hiergegen hatte er geltend gemacht, er sei arbeitslos und beziehe Arbeitslosengeld I. Er befinde sich in der Existenzgründung: Gründungszuschüsse seien beantragt und mündlich durch die Agentur für Arbeit unter der Voraussetzung zugesagt, dass er Inhaber eines Führerscheins Klasse 3 sei. Das Gericht sah darin einen Sonderfall, in dem von einem Fahrverbot ausnahmsweise abgesehen werden könne. Die Verhängung eines Fahrverbots wäre hier trotz der groben Pflichtverletzung unangemessen, da die Existenz des Mannes gefährdet sei. Er sei aufgrund seiner Existenzgründung auf die Fahrerlaubnis angewiesen; so müsse er Kundenakquise betreiben und Kunden aufsuchen. Diese Tätigkeit sei unter Inanspruchnahme des öffentlichen Nahverkehrs nicht in zumutbarer Art und Weise darstellbar. Ein mehrwöchiger Urlaub, in dem das Fahrverbot vollstreckt werden könne, sei in absehbarer Zeit nicht möglich und auch nicht finanzierbar. Der Mann könne auch keinen Fahrer für die Zeit des Fahrverbots finanzieren. Bei der Verhängung eines Fahrverbots wäre der Betroffene somit nicht mehr in der Lage, seine berufliche Existenz aufzubauen. Allein durch das Arbeitslosengeld I könne er seine fünfköpfige Familie nicht unterhalten.

Amtsgericht Wuppertal, Urteil vom 11.10.2011 Aktenzeichen 26 OWi 623 Js 1901/10-267/10

20.09.2011 Vorfahrt bleibt Vorfahrt

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass das Befahren der linken Fahrspur durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden beseitigt, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2011, Aktenzeichen VI ZR 282/10

01.09.2011 Unfallbedingte Vorschädigung eines Fahrzeuges

Einen Gebrauchtwagenhändler, der die unfallbedingte Vorschädigung eines Fahrzeugs kennt, trifft eine Untersuchungspflicht jedenfalls im Umfang einer Sichtprüfung. Sind Anzeichen für eine unsachgerechte Reparatur vorhanden (Spaltmaße etc.), hat er den Käufer zur Vermeidung des Vorwurfs arglistigen Verschweigens ungefragt aufzuklären. Jedenfalls dann, wenn das Fahrzeug vom Händler als "sehr gepflegt" oder ähnlich beworben worden war, kann der Käufer die Angabe "reparierter Unfallschaden" als positive Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 S. 1BGB) dahin verstehen, dass eine fachgerechte Reparatur vorliegt. Insoweit kommt auch Arglist des Händlers unter dem Gesichtspunkt einer Falschangabe "ins Blaue" in Betracht.

Kammergerichts Berlin, Urteil vom 01.09.2011, Aktenzeichen 8 U 42/10

05.08.2011 Einwilligungsfähigkeit in Blutentnahme

Auch bei einer Alkoholisierung oberhalb von zwei Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) ist es möglich, dass der Beschuldigte den Sinn und die Tragweite der Einwilligung in die Blutprobenentnahme erkennt. Hierzu müssen nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm jedoch die insoweit relevanten Umstände dargelegt werden, etwa des Vorhandenseins von Ausfallerscheinungen, des vorangegangenen Trinkverhaltens, der Trinkgewohnheiten und ggf. weiterer Umstände, die Anhaltspunkte für die Beurteilung einer Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten des Beschuldigten aufgrund der gegebenen Alkoholisierung darstellen. Hinweis: Eine richterliche Anordnung der Blutentnahme ist nur erforderlich, wenn der Beschuldigte nicht in die Zwangsmaßnahme eingewilligt hat. Eine Einwilligung ist aber nur wirksam, wenn der Beschuldigte bei ihrer Abgabe auch einwilligungsfähig war. Ist er alkoholisiert, können daran Zweifel bestehen. Dem OLG Hamm reicht dazu eine nur mittelgradige Alkoholisierung nicht aus. Daher hat es bei einer BAK von 1,23 Promille die Einwilligungsfähigkeit bejaht. Vorliegend scheint das OLG die Grenze noch höher ziehen zu wollen. Dann muss der Tatrichter im Urteil aber darlegen, warum er trotz dieser hohen BAK noch von einer Einwilligungsfähigkeit ausgeht. Fehlen dazu Erörterungen, ist das Urteil lückenhaft und damit angreifbar.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil aus 05.08.2011, Aktenzeichen III 3 RVs 104/10

08.07.2011 Nutzungsausfallentschädigung auch für Radfahrer

Die Unmöglichkeit der Nutzung eines Fahrrades- etwa in Folge eines Unfalles etc.- ist als ersatzfähiger Vermögensschaden anzusehen, wird das Fahrrad regelmäßig für den Weg zur Arbeit benutzt bzw. um alltägliche Transportaufgaben zu bewältigen. Die Höhe der jeweiligen Entschädigung ist unter Zugrundelegung des von einem Gutachter geschätzten Mietpreises zu ermitteln. Wird das Fahrrad lediglich zu Freizeitzwecken genutzt, scheidet ein solcher allerdings Anspruch aus.

Landgericht Lübeck, Urteil vom 08.07.2011, Aktenzeichen Az. 1 S 16/11

16.06.2011 Verkehrssicherungspflicht des Hauseigentümers

Das Fahrzeug einer Angestellten in einer Firma im Landkreis München wurde durch eine Dachlawine aus Schnee und Eisbrocken, welche sich vom Dach gelöst hatte, stark beschädigt. Der Ehemann der Geschädigten machte beim Hauseigentümer den ihm entstandenen Schaden geltend: Schließlich sei er seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen. Das Amtsgericht München entscheid im weiteren Verlauf jedoch, dass ein Hauseigentümer grundsätzlich nicht verpflichtet ist, Dritte durch spezielle Maßnahmen vor Dachlawinen zu schützen, wenn solche Maßnahmen nicht vorgeschrieben sind und keine besonderen Umstände Sicherungsmaßnahmen gebieten. Es sei zunächst Aufgabe jedes Einzelnen, sich selbst zu schützen. Eine Rechtspflicht bestehe erst und nur dann, wenn besondere Umstände Sicherungsmaßnahmen zum Schutze Dritter gebieten. Solche Umstände könnten sich aus der allgemeinen Schneelage des Ortes, der Beschaffenheit und Lage des Gebäudes, den konkreten Schneeverhältnissen und Art und Umfang des Verkehrs ergeben.

Amtsgericht München, Urteil vom 16.06.2011, Aktenzeichen 275 C 7022/11

14.04.2011 "Zweimal kassieren?"

Wird bei einem Auto ein Erstschaden auf Gutachtenbasis abgerechnet und ersetzt, die Schäden aber nicht repariert, muss bei einem weiteren Schadensereignis genau vorgetragen werden, welche Schäden neu eingetreten sind. Nur diese sind zu ersetzen. Der Anspruch des Klägers umfassen nämlich nur die Kosten, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes notwendig sind. Ein Ersatzanspruch bestehe daher nur insoweit, als der zweite geltend gemachte Schaden technisch und rechnerisch eindeutig von dem ersten abgrenzbar sei. Soweit eine Abgrenzung nicht möglich sei, gehe dies zu Lasten des Geschädigten, der den Vorschaden nicht habe reparieren lassen.

Amtsgericht München, Urteil vom 14.04.2011, Aktenzeichen 271 C 10327/10

03.03.2011 Helmpflicht für Rennradfahrer

Bei einer Kollision mit einem Kfz trifft den Fahrradfahrer zumindest dann ein Mitverschulden, wenn dieser auf einem Rennrad und ohne einen Fahrradhelm unterwegs ist. Für eine sportliche Fahrweise kann der Beweis des ersten Anscheins sprechen.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 03.03.2011, Aktenzeichen 24 U 384/10

01.03.2011 Zu "Schuldanerkenntnis an Unfallstelle"

Im Verkehrsunfallprozess besitzt eine an der Unfallstelle abgegebene spontane Äußerung im Regelfall nicht die Rechtswirkungen eines konstitutiven oder deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden. Allerdings ist die Schilderung eines Unfallbeteiligten im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als gewichtiges Indiz zu würdigen. Eine volle Umkehr der Beweislast kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich der Unfallgegner noch an Ort und Stelle weigert, seine mündliche Unfallschilderung schriftlich zu bestätigen.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.03.2011, Aktenzeichen 4 U 370/10

18.11.2010 Keine generelle Radwegebenutzungspflicht

Ein Radweg muss nur dann benutzt werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko übersteigende, besondere Gefahrenlage besteht. Ermöglichen Fahrbahnbreite, Straßenverlauf und Übersichtlichkeit des Straßenabschnittes ein gefahrloses Überholen von Radfahrern, sind diese nicht ausnahmslos an ein aufgestelltes Verkehrsschild gebunden, durch das ihnen die Benutzung des Radwegs vorgeschrieben wird. Ist der Radweg z.B. wegen Verschmutzung oder Eisglätte nicht gefahrlos befahrbar, dürfen Radfahrer auf die Fahrstraße wechseln.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.11.2010, Aktenzeichen 3 C 42/09

03.08.2010 Kreisverkehr beendet Tempobeschränkung

Die durch ein Verkehrsschild kurz vor der Einfahrt eines außerörtlichen Kreisverkehrs angeordnete Höchstgeschwindigkeit gilt nach Verlassen des Kreisverkehrs nicht mehr fort, sofern sie nicht durch ein weiteres Verkehrsschild erneut angeordnet wird.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 03.08.2010, Aktenzeichen 24 U 252/09

12.07.2010 Kein Bußgeld für Sommerreifen im Winter

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat die Bußgeldsanktion bei Verstoß gegen die Winterbereifungspflicht in der Straßenverkehrsordnung für verfassungswidrig erklärt. Der für Bußgeldsachen zuständige Senat des Oberlandesgerichts entschied, dass der entsprechende Ordnungswidrigkeitentatbestand in der Straßenverkehrsordnung (§ 2 Absatz 3a Satz 1 und 2 StVO) über die Pflicht zu einer den Wetterverhältnissen angepassten Bereifung in seiner konkreten Ausgestaltung verfassungswidrig ist.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 12.07.2010, Aktenzeichen 2 SsRs 220/09.