Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Aktuelles

09.01.2017 Schaden am Fahrzeug durch Eisplatten vom Dach eines Anhängers kein Unfallschaden

Voraussetzung für einen Anspruch gegenüber der eigenen Kaskoversicherung ist das Vorliegen eines Unfalls. Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass ein solcher Unfall nicht anzunehmen ist, wenn sich beim Abbremsen eines Fahrzeuges Eisplatten vom Dach eines gezogenen Anhängers lösen. Es würde kein Unfall vorliegen, da die Ausschlussklausel Ziffer A 2.3 AKB 2014 greifen würde: "Versichert sind Unfälle des Fahrzeugs. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Nicht als Unfallschaden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen z.B. Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden, Schäden aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeugs oder Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen.“ Das Gericht führt in seinen Entscheidungsgründen weiter aus, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ein Schaden zwischen einem Fahrzeug und seinem Anhänger nicht versichert sei, sofern er ohne Einwirkung von außen verursacht worden ist. Die Klausel macht dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass ein Schaden zwischen einem Zugfahrzeug und einem Anhänger nur versichert ist, wenn er durch eine Einwirkung von außen, die nicht von einem der beiden Fahrzeuge ausgeht, verursacht worden ist. Hierzu reicht es jedoch weder aus, dass sich die Eisplatte auf dem Dach des Anhängers witterungsbedingt gebildet hat, noch, dass bei der Lösung der Eisplatte möglicherweise Sonneneinstrahlung mitgewirkt hat. Die Eisplatte hat sich nicht plötzlich gebildet, sondern über einen längeren Zeitraum und hat sich dann, nachdem der Kläger den Anhänger angehängt und eine Distanz von etwa 350 m zurückgelegt hatte, gelöst. Bei der Eisplatte handelte es sich daher um einen von dem Anhänger selbst und nicht von außen ausgehenden Schaden. Die Schadensentstehung entspricht einem Schaden durch rutschende Ladung, den die Klausel exemplarisch ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausnimmt.

OLG Hamm, Beschluss vom 09.01.2017, Az. I-6 U 139/16

16.12.2016 Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung einer Lebensversicherung

Es genügte nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung im Sinne von § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F., wenn der gebotene drucktechnisch hervorgehobene Hinweis auf die erforderliche Schriftform des Widerspruchs zwar in einem mit den Versicherungsunterlagen übersandten Begleitschreiben enthalten ist, jedoch im Versicherungsschein als dem maßgeblichen Vertragsdokument auf das Schriftformerfordernis nicht hingewiesen wurde.

LG Heidelberg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 3 O 156/16

21.05.2014 "Glasbruchversicherung" bei Kunststoffscheiben ?

Grundsätzlich sind Kunststoffscheiben im Heck eines Cabrios zwar von der Glasbruchversicherung einer Teilkaskoversicherung mit versichert; Schäden im Biegebereich für den Einklappvorgang deuten jedoch auf Verschleiß hin. Dabei stehe der Ersatzpflicht nicht entgegen, dass es sich bei der Heckscheibe des Cabrios nicht um Glas, sondern um Kunststoff handelt. Denn der Begriff «Glas» sei im weiteren Sinne zu verstehen. Geregelt sei in den Versicherungsbedingungen im konkreten Fall aber auch, dass «Verschleißreparaturen» nicht ersetzt werden. Im zugrunde liegenden Falle jedenfall war der Scahden an der Kunstoffscheibe im Heckbereich des Cabrios gerade nicht durch ein Unfallereignis, sondern durch Verschleiß entstanden. Es sei keine Fehlfunktion der Mechanik des Verdecks festgestellt worden und das Verdeck habe störungsfrei geöffnet und geschlossen werden können. Die Heckscheibe sei 14 Jahre alt. Es sei gerichtsbekannt, dass Kunststoffe – anders als Glas – einem nicht unerheblichen Alterungsprozess unterliegen und je nach Beanspruchung durch äußere Einwirkungen wie Hitze/Kälte/Temperaturwechsel, UV-Strahlung, mechanische Einwirkungen durch Druck oder Biegung und Ähnlichem mehr oder weniger schnell spröde werden und schließlich brechen oder reißen können. In Cabrio-Stoffdächer eingebaute Kunststoffscheiben unterlägen zwangsläufig besonderer Beanspruchung allein unter Berücksichtigung der sehr hohen Temperaturen aufgrund direkter Sonneneinstrahlung sowohl auf die Scheibe bei geschlossenem Cabrio als auch auf die Abdeckung im geöffneten Zustand eines typischerweise im Sommer genutzten Fahrzeugs. Hinzu komme die mechanische Beanspruchung durch den Einklappvorgang. Aus vergleichbaren Fällen sei bekannt, dass sachverständigenseits von einer durchschnittlichen Lebenserwartung derartiger Scheiben von zehn Jahren, einer maximalen Lebenserwartung von 15 Jahren auszugehen sei.

Amtsgericht München, Urteil vom 21.05.2014, Aktenzeichen 271 C 4878/14.

08.01.2014 Fristsetzung wegen Zahlungsverzugs

Die Fristsetzung wegen Zahlungsverzugs muss mit einer Folgeprämie gemäß § 39 Abs. 1 VVG a.F. (jetzt § 38 Abs. 1 VVG) bei einer Mehrheit von Versicherungsnehmern durch gesonderte schriftliche Mitteilung des Versicherers gegenüber jedem Versicherungsnehmer erfolgen. Das gilt auch dann, wenn diese unter derselben Anschrift wohnhaft sind. Grund dafür ist die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Versicherungsnehmers. Bei § 12 Abs. 3 VVG a.F. könne der Fristablauf durch die nicht rechtzeitig erfolgte gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs dessen Verlust herbeiführen. § 39 VVG a.F. habe bei Nichtzahlung der Prämie den Verlust eines an sich begründeten Anspruchs nach Eintritt des Versicherungsfalles zur Folge. Dieses gesteigerte Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der qualifizierten Mahnung, sondern erfasst auch die Frage, wem gegenüber bei mehreren Versicherungsnehmern eine qualifizierte Mahnung ausgesprochen werden muss. Unter praktischen Gesichtspunkten besteht insbesondere die Gefahr, dass bei einem Mahnschreiben, welches an mehrere unter derselben Anschrift wohnende Versicherungsnehmer gerichtet ist, dieses nur von einem Versicherungsnehmer entgegengenommen, geöffnet und zur Kenntnis genommen wird. Dann könne es dem anderen Versicherungsnehmer faktisch unmöglich sein, von diesem Schreiben Kenntnis zu erlangen. Außerdem bestünde die Gefahr, dass ein Versicherungsnehmer ein solches Schreiben auch ganz bewusst nicht an den anderen Versicherungsnehmer weiterreicht. Es müsse aber jedem einzelnen von mehreren Versicherungsnehmern möglich sein, die rückständige Prämie noch rechtzeitig zu entrichten, um wieder in den Genuss des Versicherungsschutzes zu gelangen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.01.2014, Aktenzeichen IV ZR 206/13

18.12.2013 Krankenversicherungskündigung für volljähriges Kind

Eltern können einen Krankheitskostenversicherungsvertrag für ihre mitversicherten Kinder auch ohne den Nachweis einer nahtlosen Anschlussversicherung nach § 205 Abs. 6 Satz 1 VVG kündigen. Denn wer das Versicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen kündigt, könne die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses im eigenen Namen erklären.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.12.2013, Aktenzeichen IV ZR 140/13

19.11.2013 Beitragsrückerstattungsverrechnung mit KV-Beiträgen

Die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2009 und die Aufwendung zur Basisabsicherung in der Kranken- bzw. Pflegeversicherung im Jahr 2010 sind nach Ansicht des Finanzgericht Düsseldorf als gleichartig zu qualifizieren. Deshalb mindern die Erstattungen von Beiträgen für 2009 im Jahr des Zuflusses (im Urteilsfall im Jahr 2010) die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, Aktenzeichen 13 K 3456/12 E

23.10.2013 Versterben durch Nussallergie als versicherter Unfall

In dem zugrunde liegenden Falle ging es um den Tod eines 15-jährigen geistig behinderten Kindes. Es hatte zudem Asthma und verschiedene Allergien, darunter eine starke Nussallergie. Am Heiligabend 2009 nahm sich das Kind unbemerkt nusshaltige Schokolade und starb. Gutachter stellten später allergische Reaktionen als Todesursache fest. Die Eltern des Kindes hatten eine private Unfallversicherung abgeschlossen, bei der auch der Tod ihres Kindes mit der Summe von 27.000 Euro versichert war. Die Versicherung weigerte sich jedoch, zu zahlen. Sie argumentierte, der Tod sei nicht durch einen Unfall verursacht worden; er gehe vielmehr auf eine Krankheit zurück und sei daher nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen von der Leistung ausgeschlossen. Das Gericht entschied: Allergische Reaktionen auf Lebensmittel können ein Unfall sein. Der Verzehr nusshaltiger Schokolade, in dessen Folge ein an einer schweren Nussallergie leidendes Kind verstirbt, stellt somit einen versicherten Unfall dar. Weil der Tod des Mädchens aber auf eine krankhafte Allergie zurückgeht, kann die Versicherung ihre Leistungen aber kürzen. Laut Gesetz und ebenso nach den Vertragsbedingungen der Unfallversicherer liegt ein Unfall vor, „wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet“. Das treffe auch auf den zugrunde liegenden Falle zu. Todesursache sei der Kontakt der nusshaltigen Schokolade schon mit den Schleimhäuten im Mund gewesen – also ein „von außen auf den Körper wirkendes Ereignis“. Für den Unfallbegriff sei es dagegen „ohne Belang“, wenn nach einem solchen Ereignis Krankheiten „die weitere Schadenentwicklung mitbestimmen“. Die Versicherungsklausel ziele darauf ab, Krankheiten selbst und Verschleiß von der Leistungspflicht auszunehmen. Auf die durch das Ereignis ausgelöste „Kausalkette körperinterner Vorgänge“ komme es dagegen generell nicht an. Die allergische Reaktion sei auch sehr schnell und damit „plötzlich“ aufgetreten.

Bundesgerichtshof, Urteil 23.10.2013, Aktenzeichen IV ZR 98/12

16.10.2013 Widerruf von Versicherungsvertrag nach Kündigung?

Ein Versicherungsnehmer kann dem Zustandekommen eines Versicherungsvertrags ex tunc (von Anfang an) nicht mehr widersprechen, wenn er ihn vorher gekündigt hat. Er muss sich dann mit dem Rückkaufswert zufriedengeben, und kann nicht die Rückzahlung aller gezahlten Beiträge verlangen. In einem aktuellen Urteil lässt der Bundesgerichtshof jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu, insofern der Versicherungsnehmer unzureichend über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden ist und er daher sein Wahlrecht nicht sachgerecht ausüben konnte. Allerdings greift diese Ausnahme nicht, wenn infolge der Kündigung der Rückkaufswert ausgezahlt worden ist und die Parteien den Vertrag einvernehmlich beendet haben. Denn damit ist das Widerrufsrecht erloschen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2013, Aktenzeichen IV ZR 52/12

17.09.2013 Kfz-Brandschaden nach Einbau von Musikanlage

Ein Kfz-Vollkaskoversicherer kann seine Einstandspflicht für einen Brandschaden nicht mit Blick auf den Einbau diverser Unterhaltungs- und Navigationselektronik ablehnen. Denn das erhöht die Möglichkeit der Risikoverwirklichung nicht nachhaltig. Im Urteilsfall hatte der Halter des Fahrzeugs einen Musikverstärker, ein Navigationsgerät sowie Steuergeräte für Rückleuchten eingebaut. Das Fahrzeug brannte vollkommen aus und hatte einen Wiederbeschaffungswert (WBW) von 7.500 Euro, der Restwert betrug 10 Euro. Der Halter verlangte vom Versicherer die Zahlung der Differenz zwischen WBW und Restwert. Das Gericht gab ihm Recht.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.9.2013, Aktenzeichen 12 U 43/13

04.06.2013 Schaden durch geschmolzenen Hagel

Drücken Hagelmassen die Außentür eines Anwesens ein, so ist ein durch das sich im Innern bildende Schmelzwasser entstandener Hausratschaden nicht versichert. Diesem Beschluss zugrunde lag folgender Sachverhalt: Durch einen starken Hagelschauer sei beim Antragssteller eine – zuvor ordnungsgemäß geschlossene – Kelleraußentür durch den außen liegenden Hagel aufgedrückt worden und eine erhebliche Menge an Hagelkörnern in den Keller eingedrungen. Als diese geschmolzen seien, habe das Schmelzwasser Hausratgegenstände beschädigt. Die beabsichtigte Klage hat nach Ansicht des Gerichts keine Aussicht auf Erfolg, da es sich nicht um einen versicherten Hagelschaden handle. Nach § 5 Nr. 1 VHB 2008 seien nicht alle Folgen eines Hagels versichert, sondern nur diejenigen Schäden, die durch einen der in dieser Bestimmung abschließend aufgeführten Kausalverläufe entstanden seien. Danach sei Voraussetzung der Leistungspflicht eine Zerstörung oder Beschädigung von versicherten Sachen durch die unmittelbare Einwirkung des Hagels auf die Sachen selbst oder auf Gebäude, in denen sie sich befinden, oder dadurch, dass der Hagel Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft oder auf Gebäude, in denen sie sich befinden oder als Folge eines Schadens der vorgenannten Art. Der hier umstrittene Schaden sei nicht durch eine unmittelbare Einwirkung des Hagels (Eiskörner) auf Hausratgegenstände entstanden, sondern durch die Einwirkung von Schmelzwasser. Zwischen Schmelzwasser und Hagel bestehe keine Identität, ein Nässeschaden sei kein unmittelbarer Hagelschaden.

Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 04.06.2013, Aktenzeichen 5 W 43/13

04.04.2013 Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

Ist in einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vereinbart, dass der Anspruch auf Versicherungsleistungen erst mit dem Beginn des Monats der Mitteilung entsteht, wenn dem Versicherer die Berufsunfähigkeit später als drei Monate nach ihrem Eintritt schriftlich angezeigt wird, hat der VN, der dem Versicherer eine Berufsunfähigkeit mehr als drei Monate nach ihrem Eintritt bekannt gibt, keinen Anspruch auf Geldrente für den zurückliegenden Zeitraum.

Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 4.4.2013, Aktenzeichen 11 U 94/12

11.03.2013 Private Krankenversicherung: Arztrechnung

Eine private Krankenversicherung gilt als Garant für eine schnelle und bessere medizinische Behandlung. Im Gegenzug unterliegt die private Krankenversicherung dem Prinzip der Kostenerstattung: Der Patient muss die Rechnungen des Arztes bezahlen und bekommt diese Kosten von der Versicherung ersetzt. Sobald die private Krankenversicherung die Erstattung der Kosten ganz oder zum Teil ablehnt, entstehen dem privatversicherten Patienten finanzielle Einbußen. Die private Krankenversicherung verweigert die Erstattung in aller Regel mit einem Verweis auf ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach zum Beispiel nur medizinisch notwendige Behandlungen bezahlt werden müssen. Sieht ein Patient sich mit dem Einwand der privaten Krankenversicherung konfrontiert, eine Behandlung sei nicht medizinisch notwendig gewesen, kann er zumeist nur schwer dagegen argumentieren und angemessen erwidern. Da eine Krankenversicherung an ihrer einmal vertretenen Auffassung, eine Behandlung sei nicht medizinisch notwendig gewesen, in aller Regel festhält und dem Versicherungsnehmer hierdurch erheblicher finanzieller Schaden entstehen kann, ist eine juristische Auseinandersetzung meist unvermeidlich. In der Rechtsprechung hat sich deshalb folgende Definition einer medizinischen Notwendigkeit herausgebildet: Eine Heilbehandlung ist medizinisch notwendig, wenn es nach objektiven medizinischen Befunden und wissentschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Zwar führt diese abstrakte juristische Definition dazu, dass im Streitfall durch das Gericht ein medizinisches Gutachten eingeholt werden muss. Doch bietet dies dem Patienten die Möglichkeit der Waffengleichheit mit der Versicherung. Zudem wird duch diese Definition die Möglichkeit eröffnet, auch die Kosten neuer Behandlungsmethoden erstattet zu bekommen. Denn mit dem ständigen wissenschaftlichen Fortschritt, geht auch eine wissenschaftliche Vertretbarkeit einher. Ob und in welchem Umfang in Zukunft alternative Heilmethodn erstattungsfähig sein werden, wird sich zeigen. Doch der Bundesgerichtshof hat auch in diesem Punkt die Tür für eine grundsätzliche Erstattungsfähigkeit geöffnet. Denn die Klausel vieler Krankenversicherungen, die eine Erstattung von wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden ausschließen, hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1993 für unwirksam erklärt. Eine juristische Überprüfung im Einzelfall dürfte also lohnen. Dies zeigt zum Beispiel auch die Erstattung von Laserbehandlungen, die noch vor wenigen Jahren von keiner Krankenversicherung übernommen worden sind. Urteile, die eine medizinische Notwenidgkeit von Laserbehandlungen bejahen, häufen sich und sich in vielen Teilbereichen auch von Versicherern zwischenzeitlich anerkannt.

15.02.2013 Haftung einer Hundehalterin

Ein Hund einer Verkäuferin, der sich eigenmächtig in den einzigen Eingangsbereich eines Ladengeschäfts begeben hat und dort so ruht, dass er den Zugang zum Geschäft versperrt, stellt ein gefährliches Hindernis dar. Verletzt sich ein Kunde beim Verlassen des Geschäfts, weil er über den Hund stürzt, haftet die Hundebesitzerin als Tierhalterin. Die Voraussetzungen einer Tierhalterhaftung seien gemäß § 833 BGB gegeben, und die Hundehalterin dementsprechend umfassend zu Schadensersatz verurteilt. Mit dem Sturz des Kunden habe sich eine einem Tier typischerweise anhaftende Gefahr verwirklicht, die auf der Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens beruhe. Der Hund sei ein gefährliches Hindernis gewesen. Ein solch unbekümmertes Verhalten entspreche der tierischen Natur. Das begründe die Tierhalterhaftung. Ein Mitverschulden der Kundin sei nicht zu berücksichtigen, weil der Hund für den Kunden schwer wahrnehmbar gewesen sei. Demgegenüber habe die Hundehalterin den Unfall fahrlässig verschuldet, weil sie die Kundin weder gewarnt, noch den Hund aus dem Eingangsbereich weggeschafft habe, obwohl sie mit ihm dort an seinem Lieblingsplatz rechnete.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.02.2013, Aktenzeichen 19 U 96/12

06.02.2013 Unterjährige Beitragszahlung

Eine vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewährung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beziehungsweise der für Verbraucherverträge geltenden Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Es handelt sich bei der vertraglich vereinbarten unterjährigen Zahlungsweise der Versicherungsprämien nicht um eine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs nach § 1 Abs. 2 VerbrKrG, § 499 Abs. 1 BGB a. F. (nunmehr § 560 Abs. 1 BGB). Ein solcher läge nur vor, wenn die Fälligkeit der vom Versicherungsnehmer geschuldeten Zahlung abweichend vom dispositiven Recht gegen Entgelt hinausgeschoben würde, um ihn die Zahlung der vereinbarten Prämien zu erleichtern. Es gilt insofern: Auch, wenn die Parteien vereinbart haben, dass die Versicherungsbeiträge grundsätzlich zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig sind, können sie abweichend davon eine unterjährige Zahlungspflicht mit entsprechender Zahlungsfälligkeit bestimmen, denn es macht inhaltlich keinen Unterschied, ob dem Versicherungsnehmer zunächst eine Jahresprämie angeboten und ihm dann abweichend davon die Möglichkeit unterjähriger Zahlung eingeräumt wird oder ob eine unterjährige Zahlungsweise von vornherein vorgesehen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2013, Aktenzeichen IV ZR 230/12

06.02.2013 Versicherungsvertragsgesetz

Die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewähring in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Versicherungsnehmer nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zunächst eine Jahresprämie angeboten und ihm dann davon abweichend die Möglichkeit eingeräumt wird, eine unterjährige Zahlungsweise zu wählen oder ob von vornherein eine unterjährige Zahlungsperiode vorgesehen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 6.2.2013, Aktenzeichen IV ZR 230/12

05.02.2013 Ersatzbeschaffung statt Reparatur

Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Erstzfahrzeuges ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre. Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht auch dann, wenn dem Geschädigten während der Ausfallzeit ein Angehöriger sein Kfz kostenfrei überlassen hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5.2.2013, Aktenzeichen VI ZR 363/11

17.01.2013 Beschädigung von LKW in Werkstatt

Die Ersatzpflicht des Halters setzt voraus, dass der Schaden "beim Betrieb" des Kraftfahrzeuges entstanden ist. Die Verwirklichung dieser Voraussetzung bereitet dann Schwierigkeiten, wenn sich das schadenverursachende Kraftfahrzeug weder in einem maschinentechnischen Sinne noch nach den Kriterien der verkehrstechnischen Auffassung in Betrieb befindet. Gerät ein in einer Werkstatt abgestellter LKW in Brand, so ist ein durch den Brand verursachter weiterer Schaden an einem in der Werkstatt abgestellten Fahrzeug also nur dann im Sinne des § 7 Absatz 1 StVG "beim Betrieb" entstanden, wenn die Transport- und Fortbewegungsfunktion des LKW das Brandereignis geprägt hat. Der für die Verwirklichung des Haftungstatbestandes Darlegungs- und Beweisbelastete genügt seiner Darlegungslast nicht, wenn zu den Umständen des Brandes nicht vorgetragen wird.

Oberlandesgericht Saarbrücken,Urteil vom 17.1.2013, Aktenzeichen 4 U 201/11

16.01.2013 Nachweispflicht über Kenntnis von Kündigung

Unter Geltung des § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG hat der Versicherungsnehmer ebenso wie nach der früheren Regelung des § 178n Abs. 2 Satz 2 VVG den Nachweis zu erbringen, dass die versicherte Person von der Kündigung Kenntnis erlangt hat. Damit übereinstimmende Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen benachteiligen den Versicherungsnehmer nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Versicherer ist nach Treu und Glauben verpflichtet, den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass eine von diesem erklärte Kündigung mangels Nachweises der Kenntnis der versicherten Person unwirksam ist.

Bundesgerichtshof, Urteil 16.01.2013, Aktenzeichen IV ZR 94/11

16.01.2013 Kenntnis von der Krankenversicherungskündigung

Unter Geltung des § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG hat der Versicherungsnehmer ebenso wie nach der früheren Regelung des § 178 n Abs. 2 Satz 2 VVG den Nachweis zu erbringen, dass die versicherte Person von der Kündigung Kenntnis erlangt hat. Damit übereinstimmende Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen benachteiligen den Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Versicherer ist nach Treu und Glauben verpflichtet, den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass eine von diesem erklärte Kündigung mangels Nachweises der Kenntnis der versicherten Person unwirksam ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.1.2013, Aktenzeichen IV ZR 94/11

16.01.2013 Hausratversicherung: Lagerung von Tauchausrüstung

Die Lagerung einer Tauchausrüstung im Wert von fast 15.000 Euro in einem lediglich mit einem Vorhängeschloss gesicherten Holzlatten-Kellerverschlag eines Mehrfamilienwohnhauses ist grob fahrlässig. In diesem Fall darf der Versicherer die Versicherungsleistung um 50 Prozent kürzen.

Landgericht Berlin, Urteil vom 16.1.2013, Aktenzeichen 23 S 27/12

09.01.2013 Belehrungspflicht im Versicherungsfall

Bisher war umstritten, ob eine Belehrung über die Auskunftsverpflichtung nach dem Versicherungsfall immer auf einem gesonderten Blatt Papier erfolgen muss, oder ob der Wortlaut nach seinem Sinn und Zweck nur bedeuten soll, dass die Belehrung abgetrennt von den allgemeinen Vertragsunterlagen geschehen muss, aber durchaus z.B. mit dem Fragenbogen im Versicherungsfall zusammen erfolgen kann. Der Bundesgerichtshof entschied sich nun für Letzteres. Die Belehrung über die Auskunftsverpflichtung nach dem Versicherungsfall muss dementsprechend zwar nicht auf einem gesonderten Blatt erfolgen, aber drucktechnisch hervorgehoben sein. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4 VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Versicherungsfalls gestellt werden. Im Detail: § 28 Abs. 4 VVG besagt, dass Falschangaben gegenüber einem Versicherungsunternehmen, die der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall tätigt, nur dann zur Leistungsfreiheit führen können, wenn zuvor eine Belehrung durch "gesonderte Mitteilung in Textform" erfolgt ist. Versicherungsunternehmen können daher auch bei falschen Angaben zur Leistung verpflichtet sein.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.01.2013, Aktenzeichen IV ZR 197/11

10.10.2012 Lebensversicherung & unwiderrufliches Bezugsrecht

Das unwiderrufliche Bezugsrecht der Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls mit dem Versicherungsnehmer (Erblasser) verheiratet ist, kann nicht angefochten werden, wenn das Bezugsrecht mehr als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeräumt wurde.

Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 10.10.2011, Aktenzeichen 13 U 90/11

26.09.2012 Fehlerhafte Beratung des Versicherungsmaklers

Auch wenn ein Versicherungsmakler grundsätzlich die Interessen des Versicherungsnehmers und nicht diejenigen des Versicherers wahrnimmt, muss sich ein Versicherer das Verhalten und die Erklärungen rechtlich selbstständiger Vermittler und von diesen eingesetzter Untervermittler zurechnen lassen, soweit eine Lebensversicherung ausschließlich über diese Vermittler vertrieben wird. Gleiches gilt, wenn Makler und Versicherer dem Anlageinteressenten und künftigen Versicherungsnehmer schon im Antragsformular zusammen mit einem gemeinsamen Produkt gegenübertreten.

Bundesgerichtshof, Hinweisbeschluss vom 26.9.2012, Aktenzeichen IV ZR 71/11

03.08.2012 Observierung des Versicherungsnehmers

Will der Versicherer verdeckte Ermittlungsmethoden anwenden, um seinen Versicherungsnehmer zu observieren, müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich seine Pflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt, wobei Art un Umfang der verdeckten Ermittlungen im Hinblick auf das zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Versicherungsnehmers am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen sind.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 3.8.2012, Aktenzeichen 20 U 98/12

20.07.2012 Gebäudeversichererregress gg. Zwangsverwalter

Gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VVG geht ein Ersatzanspruch, der einem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit dieser den Schaden ersetzt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte kürzlich zu entscheiden, ob und inwieweit die Gebäudeversicherung hieraus einen Regressanspruch gegen einen Zwangsverwalter herleiten kann: Dritter ist grundsätzlich, wer weder Versicherungsnehmer noch Mitversicherter ist. Bei einer verbundenen Gebäudeversicherung fallen demnach solche Schäden nicht unter § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, die ein Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum oder am Sondereigentum anderer Eigentümer verursacht. Der Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung, der die anteiligen Prämien für eine bestehende Gebäudeversicherung entrichtet, ist im Hinblick auf Schäden am Gemeindeeigentum oder am Sondereigentum anderer Eigentümer nicht "Dritter" im Sinne von § 86 I 1 VVG.

Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.7.2012, Aktenzeichen 12 O 438/12

11.07.2012 Anteilsgebundene Lebensversicherung

Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit Schadenersatzklagen gegen den englischen Lebensversicherer Clerical Medical auf die Revisionen der Parteien hin die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof erkennt sowohl Schadensersatzansprüche gegen den britischen Lebensversicherer als auch die Leistungsverpflichtung aus den Verträgen an und bestätigt damit praktisch sämtliche für den Anleger positiven Urteile die durch diverse Oberlandesgerichte in den letzten Monaten gesprochen wurden. Auch hinsichtlich der Aufklärungspflichtverletzungen, die gegen Clerical Medical in der letzten Zeit von mehreren Oberlandesgerichten angenommen wurden, fand der BGH mehr als deutliche Worte: Er stellte fest, dass vor allem hinsichtlich der von der Versicherung herausgegebenen Musterberechnungen eine Haftung der CMI anzunehmen ist. In diesen wurde dem Anleger gegenüber mit deutlich höheren Renditen gerechnet, als die Clerical Medical selbst als gerechtfertigt ansah. Auch weitere unzureichende Aufklärungen z.B. im Zusammenhang mit der Funktionsweise der Versicherung sah das Gericht als gegeben an. Besonders bemerkenswert an diesen Entscheidungen ist, dass sie sich nicht nur auf die finanzierten so genannten Hebelmodelle (EuroPlan, Individualrente, LEX-Konzept-Rente, Profit Plan Noble, Systemrente und andere) beziehen, sondern auf jeden bei der Clerical Medical abgeschlossenen Wealthmaster Noble Vertrag Anwendung finden können. Der BGH machte in seinen Ausführungen keinerlei Unterscheidung zu den unterschiedlichen Modellen. Auf Clerical Medical wird daher eine deutlich höhere Schadensersatzforderung zurollen, als die bisher eingereichten rund 1.000 Klagen in ganz Deutschland erwarten lassen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2012,Aktenzeichen IV ZR 164/11

04.07.2012 Keine Überschwemmung durch Schnee auf Dach

Eine Überschwemmung im Sinne von § 3 BEW ist nicht gegeben, wenn sich Schneemassen auf dem Dach sammeln und sodann eindringendes Tauwasser Schäden in dem Gebäude verursacht. Die Versicherung im zugrunde liegenden Falle lehnte eine Regulierung von den entstandenen Schäden mit der Begründung ab, dass weder der Versicherungsfall "Schneedruck" noch "Überschwemmung des Versicherungsgrundstückes" vorliege.

Landgericht Dortmund, Urteil von 4.7.2012, Aktenzeichen 2 O 452/11

21.06.2012 Badeunfall in Freizeitbad

Wer in einem Schwimmbad grundlegende und jedem Badegast einleuchtende Regeln und Sicherheitsvorkehrungen missachtet, haftet bei einem dadurch ausgelösten Badeunfall für den Schaden. Klettert etwa ein Besucher in einem Freizeitbad im Auslaufbereich von unten in eine Wasserrutsche und blockiert damit deren Auslauf, handelt er mindestens fahrlässig. Er haftet für die Verletzungen, die ein Badegast erleidet, der die Wasserrutsche ordnungsgemäß benutzt und von oben kommend mit dem Blockierer kollidiert.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 21.06.2012, Aktenzeichen 2 U 271/11

09.05.2012 Kein Frauentarif nach Geschlechtsumwandlung

Die Geschlechtsumwandlung eines ursprünglich männlichen Versicherungsnehmers berechtigt den privaten Krankenversicherer nicht die versicherte Person abweichend vom vertraglich vereinbarten Männertarif in den Frauentarif einzustufen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.5.2012, Aktenzeichen IV ZR 1/11

19.04.2012 Gesundheitsfragen bei Berufsunfähogkeitszusatzversicherung

Wurden einem Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss komplexe Gesundheitsfragen so schnell vorgelesen, dass ihre richtige Erfassung nicht gewährleistet war, kann eine unvollständige Antwort nicht Grundlage einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder eines Rücktritts vom Versicherungsvertrag sein. Falsche Angaben in einem solchen Vertrag allein rechtfertigen nicht den Schluss auf eine arglistige Täuschung. Es existiert kein allgemeingültiger Erfahrungssatz, dass eine bewusst unrichtige Benatwortung einer Antragsfrage immer nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 19.4.2012, Aktenzeichen 7 U 157/11

20.03.2012 Kein Schmerzensgeld nach Tötung des Hundes

Es galt zu entscheiden, ob die Tötung einer 14 Monate alten Labradorhündin, durch welche die Klägerin eine schwere depressive Episode erlitten hatte, zu Schmerzensgeld führen kann. Die Klägerin war mit ihrer nicht angeleinten Hündin auf einem Feldweg unterwegs. Der Beklagte, welcher mit seinem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die hierauf aufgrund ihrer schweren Verletzungen eingeschläfert werden musste. Die Klägerin machte geltend, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche vier Monate medikamentös habe behandelt werden müssen. Das Gericht verneinte einen Schmerzensgeldanspruch. Zwar sind Ansprüche nach sogenannten Schockschäden bei Verletzung oder Tötung einer nahestehenden Person anerkannt. Eine Verletzung oder Tötung von Tieren solle hingegen nahen Angehörigen nicht gleichgestellt werden. Trotz der Tatsache, dass auch ein Tier einem Menschen sehr nahestehen und der Verlust als sehr schwerwiegend empfunden werden kann, gehöre dies zum allgemeinen Lebensrisiko und kann daher keine Schmerzensgeldansprüche begründen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.03.2012, Aktenzeichen VI ZR 114/11

01.03.2012 Unzulässige Klausel zur Kostenminimierungspflicht

Intransparent und daher unwirksam ist folgende Klausel in der Rechtsschutzversicherung: „Der Versicherungsnehmer hat, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte“. Schließlich könne der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer einer solchen Bestimmung nicht entnehmen, was von ihm konkret verlangt werde und er vermag deshalb auch nicht zu erkennen, ob und wann er gegen seine Obliegenheiten verstößt und dadurch seinen Versicherungsschutz ganz oder teilweise gefährdet.

Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 1.3.2012, Aktenzeichen 3 U 119/11

01.03.2012 Unechte Verflechtung von Makler und Versicherer

Die unechte Verflechtung zwischen einem Versicherungsmakler und dem Partner des vermittelten Hauptvertrags schließt die Gewährung eines Maklerlohns aus. Eine solche Verflechtung kann beispielsweise vorliegen, wenn der mit der Konzernmutter des Versicherers langfristig kooperierende Makler Fondspolicen und Anlagestrategien des Versicherers allgemein mit seinem Firmennamen versieht und die so gekennzeichneten Produkte besonders bewirbt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 1.3.2012, Aktenzeichen III ZR 213/11

01.03.2012 Haftung des Maklers für sein Personal

Makler setzen laufend Personen ein, die für sie vermitteln oder auf andere Weise für sie tätig werden. Wer den Vorteil der Arbeitsteilung für sich in Anspruch nimmt, muss auch bereit sein, deren Nachteile zu tragen. Dazu gehört auch das Risiko, dass diese Personen Schäden beim Kunden verursachen oder sogar eine Straftat zum Nachteil des Kunden begehen. Tritt ein Schadensfall ein, stellt sich die Frage, ob Sie dafür aufkommen müssen. Im Urteilsfall ging es um die Haftung einer Vertriebsorganisation für ein strafbares Verhalten ihres selbstständigen Handelsvertreters: Der Handelsvertreter hatte dem Kunden einen Fonds vermittelt. Die Einzahlungen auf den Fonds erfolgten danach monatlich. In den AGB war verankert, dass die Vertriebsorganisation und damit auch der Handelsvertreter zwecks Beratung fortlaufend Informationen über die Vermögensanlage erhielt. 2003 fälschte der Handelsvertreter die Unterschrift des Kunden und löste den Fonds auf. Das Geld ließ er auf sein Konto auszahlen. Die Vertriebsorganisation wollte dem Kunden das Geld nicht ersetzen. Der Bundesgerichtshof hat nun jedoch entschieden, dass die Vertriebsorganisation für das eigenmächtige strafbare Verhalten ihres Handelsvertreters einstehen muss.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 1.3. 2012, Aktenzeichen III ZR 213/11

29.02.2012 Fondsgebundene Rentenversicherung

Für die konkrete Bewertung einer fondsgebundenen Rentenversicherung, bei der kein Deckungskapital im eigentlichen Sinne gebildet wird, ist im Versorgungsausgleich der nach § 46 VersAusglG i.V.m. § 169 Abs. 4 Satz 1 VVG relevante Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert. Ein nachehezeitlicher Zuwachs im Wert einer fondsgebundenen privaten Rentenversicherung ist bei der gebotenen Halbteilung nicht zu berücksichtigen. Demgegenüber handelt es sich bei einem nachehezeitlichen Wertverlust der fondsgebundenen privaten Altersversorgung um eine tatsächliche nachehezeitliche Veränderung, die auf den Ehezeitanteil zurückwirkt. Ein solcher nachehezeitlicher Wertverlust kann allerdings nur insoweit gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG berücksichtigt werden, als der Tatrichter diesen konkret festgestellt hat.

Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.02.2012, Aktenzeichen XII ZB 609/10

29.02.2012 Unterbrechung des Betriebswegs

Versicherte fallen nicht mehr unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie sich auf einem Betriebsweg - abgelenkt durch eine Unterhaltung - auf einen Weg begeben, der in entgegengesetzter Richtung zum Betriebsziel liegt. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Falle zweier Kläger entschieden, die während der Überführung eines Betriebsfahrzeuges einen Verkehrsunfall erlitten.

Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 29.02.2012, Aktenzeichen L 3 U 151/08

17.02.2012 Unklare Rechtsschutzversicherungsklausel

Die Klausel "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z. B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)" in einem Rechtsschutzversicherungvertrag ist unzulässig. Der Ausschluss ist intransparent, denn welcher Lebensbereich damit gemeint sein soll, ist für einen Laien mit zumutbarem Aufwand nicht zu klären. Bereits der Ausdruck "Kapitalanlagemodell" hat weder in der Alltagssprache noch in der Fachsprache des Kapitalmarkts eine klare Bedeutung.

Oberlandesgericht Frankfurt, Entscheidung vom 17.2.2012, Aktenzeichen 7 U 102/11

15.02.2012 "Scheme of Arrangement"

Die Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht ("Scheme of Arrangement"), der eine Lebensversicherung betrift, stehen jedenfalls die Vorschriften über eine Zuständigkeit in Versicherungssachen entgegen. Die Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichm Verschulden richtet sich nicht nach § 12 I VVG a.F., sondern nach den §§ 195, 199 BGB.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.2.2012, Aktenzeichen IV ZR 194/09

15.02.2012 Keine Anerkennung des englischen Vergleichsplans einer englischen Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung

Der Bundesgerichtshof hatte sich aktuell mit der Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Aufklärung im Zusammenhang mit dem Abschluss einer englischen Lebensversicherung zu befassen. Anlass hierzu bot die “Investment-Lebensversicherung” eines britischen Lebensvesicherungsunternehmens. Der Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht (“Scheme of Arrangement”), der eine Lebensversicherung betrifft, stehen jedenfalls die Vorschriften über die Zuständigkeit in Versicherungssachen gemäß Art. 8, 12 Abs. 1, 35 EuGVVO entgegen. Die Verjährung eines auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden richtet sich nicht nach § 12 Abs. 1 VVG a.F., sondern nach den §§ 195, 199 BGB1.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.2.2012, Aktenzeichen IV ZR 194/09

08.02.2012 Unwirksamkeit einer Frist zur Klageerhebung

Besonders im Bereich der privaten Personenversicherung haben sich Versicherung jahrelang darauf berufen können, dass der Versicherte seine Ansprüche nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hat. Damit ist es jetzt auch bei Altverträgen vorbei. Die materielle Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F gilt seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr. Die materielle Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F., die dem Versicherer Leistungsfreiheit verschaffte, wenn ein abgelehnter Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde, ist mit dem Inkrafttreten des neuen VVG ersatzlos weggefallen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.02.2012, Aktenzeichen IV ZR 2/11

08.02.2012 Sturz eines Radfahrers wegen Fahrbahnspalt

Befindet sich zwischen den Abdeckplatten eines quer zur Fahrtrichtung angeordneten Kabelschachts vor einer Werkseinfahrt ein 2,5 cm breiter Spalt, in den die schmale Bereifung eines Rennrads einsinken kann, liegt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht angesichts der konkreten Zweckbestimmung und des gewöhnlich zu erwartenden Verkehrs nicht vor. Unerheblich ist allerdings, dass der Radfahrer die Verkehrsfläche bestimmungsfremd auf der falschen Fahrbahnseite benutzt hat.

Oberlandesgericht Koblenz, Hinweisbeschluss vom 8.2.2012, Aktenzeichen 5 U 109/12

01.02.2012 Regress des Versicherers

Ein Hausratsversicherer, der dem Versicherungsnehmer nach einem Brandschaden den Schaden ersetzt hat, kann vom Schädiger Ersatz verlangen, wenn dieser den Schaden durch grob fahrlässigen Umgang mit einer brennenden Zigarette beim Rauchen im Bett verursacht hat. Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer sich mit einer brennenden Zigarette zum Schlafen ins Bett begibt und während des Rauchens einschläft. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entfällt nicht dadurch, dass der Schädiger nach Inbrandsetzung der Matratze den Brand bemerkt und einen untauglichen Löschversuch vornimmt, dadurch die Ausbreitung des Brandes auf die Wohnung aber nicht verhindert.

Oberlandesgericht Bremen, Hinweisbeschluss vom 1.2.2012, Aktenzeichen 3 U 53/11

31.01.2012 Anspruchsprüfungsfrist für Haftpflichtversicherer

Dem gegnerischen Haftpflichversicherer ist für eine Prüfung der Ansprüche des Geschädigten eine angemessene Frist zuzubilligen, die mit Erhalt eines spezifizierten Anspruchsschreibens beginnt und je nach Fallgestaltung vier bis sechs Wochen beträgt. Die Frist bei Beteiligung eines Mietwagenfahrzeugs auf Seiten der Versicherung beträgt jedoch mindestens fünf Wochen.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 31.1.2012, Aktenzeichen 24 W 69/11

26.01.2012 Gläubigeranfechtung

Die widerrufliche Bezeichnung eines Dritten als Bezugsberechtigten aus einer Lebensversicherung benachteiligt die Gläubiger des Versicherungsnehmers auch dann, wenn eine zunächst unwiderrufliche Bezeichnung mit Zustimmung des Bezugsberechtigten in eine widerrufliche Bezeichnung geändert wird und später der Versicherungsfall eintritt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2012, Aktenzeichen IX ZR 99/11

25.01.2012 Abgrenzung von Privathaftpflicht- zu Haus - und Gebäudehaftpflichtversicherung

Gefahren, die sich unabhängig von der Verletzung von sich aus dem Eigentum an einem Gebäude ergebenden Verkehrssicherungspflichten verwirklichen und deshalb nur in einem zufälligen oder gelegentlichen Zusammenhang mit dem Haus- oder Grundbesitz stehen, fallen nicht unter die Haus- und Grundhaftpflichtversicherung, sondern in die Privathaftpflichtversicherung. Verletzt ein Gebäudeeigentümer beim Abschlagen von Fliesen durch Unachtsamkeit einen Dritten, verstößt er dadurch nicht gegen solche Sorgfaltspflichten, die ihn gerade als Eigentümer des Gebäudes treffen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 25.1.2012, Aktenzeichen I-20 U 120/11

18.01.2012 Ertrinken als Unfalltod

Der Tod durch Ertrinken ist ein Unfalltod, ohne dass es auf dessen Ursachen und die Art des Ertrinkens ankäme. Die Leistungspflicht des Versicherers ist nur ausgeschlossen, wenn es zu dem Ertrinken durch eine Geistes- und/oder Bewusstseinsstörung gekommen ist. Das Vorliegen dieses Ausschlusstatbestandes hat der Versicherer darzulegen und zu beweisen.

Bundesgerichtshof, Hinweisbeschluss vom 18.1.2012, Aktenzeichen IV ZR 116/11

04.01.2012 Entschädigungsgrenzen bei Raub

Erfüllt der Tresor des Versicherungsnehmers nicht die Voraussetzungen eines Wertschutzbehälters gem. § 15 Nr. 1 b AVB, dann gelten die vereinbarten Entschädigungsgrenzen auch dann, wenn das im Tresor aufbewahrte Geld nicht durch Aufbrechen des Tresors, sondern mittels Raubes erfolgt.

Oberlabdesgericht Hamm, Hinweisbeschluss vom 4.1.2012, Aktenzeichen I-20 U 124/11

16.12.2011 Automatische Eingangstüren

Einen mit den örtlichen Verhältnissen vertrauter Kunde trifft ein überwiegendes Mitverschulden, wenn er sich automatischen Glasschiebetüren am Eingang einer Bankfiliale nähert, Verzögerungen des Bewegungssensors nicht berücksichtigt und von den schließenden Türen eingeklemmt wird.

Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 16.12.2011, Aktenzeichen 12 O 2095/11

14.12.2011 "Gliedertaxe"

Die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen beinhalten eine sogenannte "Gliedertaxe". Auf der Grundlage der Versicherungssumme einerseits und des Grades der unfallbedingten Invalidität wird die sogenannte "Invaliditätsleistung" ermittelt. Nach der Gliedertaxe schließt der Verlust oder die Funktionsunfähigkeit eines funktionell höher bewerteten, rumpfnäheren Gliedes den Verlust oder die Funktionsunfähigkeit des rumpfferneren Gliedes ein. Eine Zusammenrechnung der einzelnen Invaliditätsgrade erfolgt nicht. Führt die Funktionsunfähigkeit des rumpfferneren Gliedes zu einem höheren Invaliditätsgrad als die Funktionsunfähigkeit des rumpfnäheren Gliedes, so stellt die Invaliditätsleistung für das rumpffernere Glied die Untergrenze der geschuldeten Invaliditätsleistung dar.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.12.2011, Aktenzeichen IV ZR 34/11

29.11.2011 Verdacht auf Unfallmanipulation

Beim Verdacht auf Unfallmanipulation darf der neben seinem Versicherungsnehmer verklagte Haftpflichtversicherer im Prozess sowohl als Streitgenosse als auch als Streithelfer seine eigenen Interessen wahrnehmen. Dem Haftpflichtversicherer kann nicht verwehrt werden, sich gegen die gegen ihn gerichtete Klage umfassend zu verteidigen und zwar auch mit der Behauptung das schadensbegründende Ereignis sei nicht unfreiweillig erlitten, sondern von den angeblich Unfallbeteiligten einvernehmlich herbeigeführt worden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.11.2011, Aktenzeichen VI ZR 201/10

10.11.2011 Uhren sind kein Schmuck

Die Frage, welche Gegenstände unter den Schmuckbegriff fallen, kann versicherungsrechtlich eine wichtige Rolle spielen. In einem Hinweisbeschluss legte das Oberlandesgericht Koblenz unlängst dar, dass Armbanduhren nicht unter den Schmuckbegriff des § 21 AHR fielen. Uhren haben nach Auffassung der Richter vornehmlich den Zweck der Zeitmessung. Diesen könne zwar auch die Aufgabe zufallen, ihren Träger zu schmücken, dies sei aber nicht deren Hauptzweck. Für die Beurteilung kann auch nicht auf den Wert der Uhren abgestellt werden. Der Begriff „Schmucksachen“ in der AHR unterscheide nämlich nicht nach dem Wert, sondern umfasse vom billigen Modeschmuck bist zum wertvollen Brillantring sämtliche Schmuckgegenstände unterschiedslos. Er umfasse aber gerade nicht Gegenstände, deren Hauptfunktion nicht im Schmücken ihres Trägers bestehe.

Oberlandesgericht Koblenz, Hinweisbeschluss vom 10.11.2011, Aktenzeichen 10 U 771/11

23.09.2011 Kein Ersatz von Sturmschäden an Gartenmauer

Eine durch Baumfall wegen Sturms beschädigte Gartenmauer ist nicht deshalb als "Zubehör" mitversichert, weil sie an das Gebäude anstößt. Eine Mauer stellt auch dann kein (versichertes) Gebäude dar, wenn sie mit dem Grund und Boden fest verbunden ist. Sie ist damit nicht "außen an dem Gebäude angebracht" und auch nicht deshalb mitversichert, weil unter anderem Zäune mitversichert sind.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 23.09.2011, Aktenzeichen 10 U 148/11

23.09.2011 Fahrradteile-Diebstahl

Eine Fahrradversicherung zahlt meist nur für den Diebstahl des Rads selbst und nicht für gestohlene Teile. Entscheidend seien die Versicherungsbedingungen. Im zugrunde liegenden Falle hatte ein Mann von seiner Versicherung die Kosten für einen mehr als 500 Euro teuren Stoßdämpfer verlangt, der von seinem Fahrrad abgeschraubt worden war. Zudem wollte er die Einbaukosten des neuen Dämpfers von 100 Euro ersetzt haben. Das Amtsgericht (AG) München wies die Klage ab. Es liege kein Versicherungsfall vor, da das Fahrrad selbst nicht abhandengekommen sei. Ein Diebstahl von Teilen sei nicht versichert. Das legten die Versicherungsbedingungen unzweifelhaft fest. Das Urteil ist rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urteil vom 23.09.2011, Aktenzeichen 212 C 14241/11

03.08.2011 Hausmeisterjob eines Rentners als Berufsausübung

Die Tätigkeit eines Rentners als Hausmeister in einer Tennishalle ist Ausübung eines Berufes im Sinne der Besonderen Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung, wenn diese Tätigkeit bereits seit zehn Jahren ausgeübt wird, der Versicherungsnehmer monatliche Abrechnungen über geleistete Arbeitsstunden erstellt und er bei der zuständigen Berufsgenossenschaft angemeldet worden ist. Auch die geringe Höhe des Verdienstes lässt eine solche Tätigkeit nicht als Freizeit- oder Hobbytätigkeit erscheinen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, Aktenzeichen 20 W 18/11

30.06.2011 Versicherungsklausel "vollständig repariert"

Eine Reparatur im Sinne von § 13 Nr. 5 AKB ist dann vollständig ausgeführt, wenn das Fahrzeug fahrtüchtig und unfallsicher wiederhergestellt wurde, selbst wenn bestehende Herstellerrichtlinien für die Reparatur nicht befolgt wurden. Schließlich kann der durchschnittliche, um Verständnis der Versicherungsbedingungen bemühte Versicherungsnehmer weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Klausel entnehmen, dass er einen vom Hersteller des Fahrzeugs empfohlenen Reparaturweg einzuhalten hat, um in den Genuss der nur durch den Wiederbschaffungswert begrenzten Versicherungsleistung zu kommen. Entscheidend ist dabei, dass alle Arbeiten ausgeführt wurden, die technisch erforderlich sind, um die Unfallschäden zu beseitigen. Weitere Reparaturen dürfen aus technischer Sicht nicht erforderlich sein.

Landgericht Dortmund, Urteil vom 30.06.2011, Aktenzeichen 2 S 36/10

17.05.2011 Invaliditätsrente trotz besser bezahlter anderer Tätigkeit

Eine Invaliditätszusatzversicherung soll dem Versicherten - wie eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - Schutz vor der gesundheitsbedingten Unfähigkeit bieten, den Beruf oder eine Vergleichstätigkeit ausüben zu können. Dabei kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten darüber, was unter zumutbarer Vergleichstätigkeit zu verstehen ist. Hierzu hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, dass ein im Außendienst im Bereich “Mobiler Dienst Kleininstandsetzungen“ eines großen Telekommunikationsunternehmens fest angestellter Mitarbeiter, der wegen einer Krebserkrankung diese Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, nicht auf eine nach entsprechender Umschulung nun ausgeübte reine Bürotätigkeit verwiesen werden kann. Diese Tätigkeit setzt keine ähnliche Ausbildung und keine gleichwertigen Kenntnisse und Fähigkeiten voraus. Sie stellt nach den Versicherungsbedingungen somit keine Vergleichstätigkeit dar. Die Versicherung bleibt daher selbst dann zur Zahlung einer Invaliditätsrente verpflichtet, wenn der Versicherte mit seiner neuen Arbeit dasselbe oder - wie hier - sogar mehr verdient als vorher.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2011, Aktenzeichen 12 U 45/11

28.04.2011 Unklare Vergütungsvereinbarung mit Kassenpatient

Ein Kassenpatient ist nur dann zur Zahlung der von der Kasse nicht übernommenen Vergütung verpflichtet, wenn vor der Behandlung eine eindeutige Vergütungsvereinbarung geschlossen wurde und er ausdrücklich eine privatärztliche Behandlung gewünscht hat. Danach reicht eine mit dem behandelnden Arzt getroffene Vereinbarung nicht aus, in der darauf hingewiesen wird, dass eine Erstattung durch die gesetzliche Krankenkasse eventuell nicht erfolgen könne und der Patient trotz des bestehenden Versicherungsschutzes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich eine privatärztliche Behandlung wünsche. Eine eindeutige Vereinbarung ist jedoch notwendig, um dem Patienten vor Augen zu führen, dass er hier die Kosten selbst zu tragen hat.

Amtsgericht München, Urteil vom 28.04.2011, Aktenzeichen 163 C 34297/09

28.03.2011 Kein Anspruch auf Einschreiten der Versicherungsaufsicht

Ein Versicherter war mit der Schadensregulierung einer Versicherung nicht einverstanden und wandte sich daher an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Diese sollte gegen die Versicherung einschreiten und die Ablehnung der Ersatzleistung für rechtswidrig erklären. Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Geschädigten ab, ohne seine Ansprüche auf Versicherungsleistung im Einzelnen zu prüfen. Einem Versicherungsnehmer steht kein individueller Anspruch auf ein Einschreiten der Versicherungsaufsicht zu. Die BaFin ist als Verwaltungsbehörde nicht befugt, Streitfragen aus einzelnen Schadensfällen zu entscheiden. Die Bundesanstalt nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr.

Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 28.03.2011, Aktenzeichen 9 K 566/10.F

28.03.2011 Katzenjagd mit Feuerwerkskörper

Der Versicherungsnehmer hat den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, wenn er sich zwei Blitzknaller zurechtlegt, um eine wiederholt über eine Katzenklappe in sein Haus eingedrungene Katze zu verjagen, diese Knaller nach der Katze wirft, sodann ins Bad geht und zehn Minuten später Rauch im Keller bemerkt.

Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 28.03.2011, Aktenzeichen 4 W 12/11

10.03.2011 Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung verweigerte ihrem Versicherungsnehmer jegliche Ersatzleistung, weil er im Antragsformular die Frage nach Vorerkrankungen wahrheitswidrig mit “nein” beantwortet hatte. Später erfuhr die Versicherung, dass der Versicherte mehrere ärztliche Behandlungen und Krankschreibungen wegen Prüfungsangst nicht angegeben hatte. Als der Versicherte arbeitsunfähig wurde, verweigerte die Versicherung unter Berufung auf die falschen Angaben jegliche Leistung. Beim Verschweigen von Bagatellkrankheiten muss grundsätzlich die Versicherung darlegen, weshalb eine solche leichte Erkrankung bei Abschluss des Versicherungsvertrages als risikoerhöhend anzusehen ist. Im entschiedenen Fall war die Gefahrerhöhung jedoch offenkundig. Auch wenn die Krankheit - wie hier - angesichts der nur leichten körperlichen Symptome keiner besonderen Behandlung bedurfte, sind krankhafte Angstzustände, die sogar eine längere Krankschreibung nach sich ziehen, bei der Frage nach Vorerkrankungen zweifellos anzugeben. Da der Versicherte dies unterlassen hatte, verlor er sämtliche Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Landgericht Dortmund, Urteil vom 10.03.2011, Aktenzeichen 2 O 380/10

01.10.2010 Leistungsfreiheit des Haftpflichtversicherers nach Unfallflucht

Entfernt sich ein Autofahrer unerlaubt vom Unfallort, nachdem er in angetrunkenem Zustand einen Unfall (mit)verursacht hat, kann ihn die Haftpflichtversicherung zur (teilweisen) Erstattung des an den Unfallgegner gezahlten Entschädigungsbetrages heranziehen. Ein arglistiges Verhalten des Schadensverursachers i.S.d. § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) liegt bereits dann vor, wenn er sich in Kenntnis des Unfallgeschehens bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Dabei besteht ein berechtigtes Aufklärungsinteresse des Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers auch hinsichtlich der Feststellung, ob eine Trunkenheitsfahrt für den Verkehrsunfall ursächlich ist und vor diesem Hintergrund neben der Unfallflucht eine weitere Obliegenheitsverletzung des Versicherungsvertrages vorliegt. In dem entschiedenen Fall musste der Fahrer schließlich 2.500 Euro des Fremdschadens aus der eigenen Tasche bezahlen.

Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.10.2010, Aktenzeichen 13 S 75/10.