Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Beträgt die geltend gemachte Nachtragsvergütung mehr als das ca. 22-fache, 12-fache oder auch nur das achtfache des üblichen Preises, welcher gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B oder § 2 Nr. 3 VOB/B anhand der Vertragskalkulation unter Heranziehung der Einheitspreise von einschlägigen LV-Positionen berechnet wird, so kann ein auffälliges wucherähnliches Missverhältnis zur erbrachten Gegenleistung vorliegen und deshalb wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Es ist grundsätzlich möglich, dass die Parteien bestimmte Vorstellungen zur auszuführenden Menge einer ausgeschriebenen Position oder vergleichbaren (Nachtrags-) Leistung entwickelt und zur Grundlage des geschlossenen Vertrages gemacht haben. Dafür gibt es jedoch keine starre Höchstgrenze ab 30 % o. ä. der Auftragssumme, ab der eine Preisbindung von Nachtragsleistungen oder Mehrmengen an die Vertragskalkulation entfällt. Ob und welche Ausführungsmengen die Parteien zur Geschäftsgrundlage ihres Vertrages gemacht haben, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgestellt werden. Eine für das wucherähnliche Missverhältnis erforderliche verwerfliche Gesinnung des Auftragnehmers wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermutet, wenn der Auftragnehmer für die betreffende Position des Leistungsverzeichnisses einen außerordentlichen hohen Einheitspreis abgegeben hat. Denn dann habe der Auftragnehmer spekuliert und auf eine Mengenmehrung oder Nachtragsleistung gehofft, um hier einen außerordentlichen erhöhten Preis zu erzielen. Je größer der absolute Betrag der betroffenen LV-Position bzw. Nachtragsleistung ist, desto kleiner kann die relative Überschreitung der Gesamtvergütung ausfallen, bis zu der die Auswirkungen ohne Sittenwidrigkeitsannahme noch hingenommen werden können (verneint bei einer Überschreitung der Gesamtabrechnungssumme bei Ansatz der üblichen Preise um nahezu 39 %). Der Auftragnehmer kann die Vermutung der verwerflichen Gesinnung bei seiner Preisbildung entkräften – allerdings nicht durch die bloße Feststellung, er habe bei seiner Kalkulation eventuellen Unwägbarkeiten Rechnung tragen wollen („Angstzuschlag“). Auch ein behaupteter Berechnungsfehler hilft dem Auftragnehmer im Ergebnis nicht, da es dann gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde, wenn der Auftragnehmer die überhöhte Vergütung für Mehrmengen oder geänderte Leistungen verlangt. Ist die geltend gemachte (Nachtrags-) Vergütung wegen Sittenwidrigkeit nichtig, so schuldet der Auftraggeber entsprechend § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung.