Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Die Verjährungsfrist im Pflichtteilsrecht beginnt nicht erneut zu laufen, wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später von der Zugehörigkeit eines weiteren Nachlassgegenstands erfährt.IM zugrunde liegenden Falle machte die Klägerin Pflichtteilsansprüche nach ihrem verstorbenen Vater geltend. Die Beklagte ist die Schwester der Klägerin und testamentarische Alleinerbin. Das Testament wurde im Jahr 2003 eröffnet. Die Beklagte erstellte im März 2004 ein notarielles Nachlassverzeichnis. Auf der Grundlage dieses Nachlassverzeichnisses wurde ein Rechtsstreit geführt und die Beklagte im Juli 2007 zur Auszahlung des Pflichtteils verurteilt. Im Jahr 2009 erfuhren die Parteien durch einen Erbenermittler, dass in den Nachlass des verstorbenen Vaters ein weiteres Grundstück fiel. Dieses Grundstück war dem Erblasser durch Vermächtnis der bereits im Jahr 1978 verstorbenen Luise K. zugewandt worden. Die beklagte Alleinerbin veräußerte das Grundstück. Die klagende Pflichtteilsberechtigte machte aus dem Verkaufspreis Pflichtteilsansprüche geltend. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung. Das Amtsgericht wies jedoch die Klage ab.Das Landgericht gab der Berufung statt. Es führte aus, dass eine Ausnahme von der an sich eingetretenen Verjährung in Betracht käme, wenn erst nachträglich Ansprüche entstanden seien. Die Verjährung trete nicht vor Eintritt der Gewissheit über das Bestehen des Anspruchs ein. Zudem sei es nach Treu und Glaube gerechtfertigt, den Wert des in unverjährter Zeit geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs an die nachträglich bekannt gewordenen Umstände anzupassen. Die Revision hatte Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte weitere Pflichtteilsanspruch ist verjährt. Gemäß § 2332 BGB a.F. verjährt der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt der Kenntnis des Eintritts des Erbfalls und von der Kenntnis der beeinträchtigenden Verfügung an. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es darüber hinaus auf die Kenntnis von Umfang und Wert des Nachlasses ankommen soll. Diese entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Ferner widerspräche es Sinn und Zweck der Verjährung, wenn der Pflichtteilsanspruch immer wieder von Neuem anfinge zu verjähren, sobald neue Nachlassgegenstände auftauchen. Gegen ein Abstellen auf die subjektive Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von Umfang und Wert des Nachlasses streitet zudem das in § 2311 Abs. 1 BGB enthaltene Stichtagsprinzip. Demnach sind grundsätzlich nachträgliche Änderungen des Nachlasswerts ohne Einfluss auf die Höhe des Pflichtteils. Dieses Prinzip darf nicht durch die Verjährung unterlaufen werden. Auf der Grundlage der obigen Ausführungen kommt zudem eine direkte oder analoge Anwendung des § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in Betracht. Die Vorschrift enthält für ungewisse oder unsichere Rechte oder zweifelhafte Verbindlichkeiten eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip. Jedoch ist vorliegend kein ungewisses oder unsicheres Recht streitentscheidend. Es ist weder der rechtliche Bestand des Eigentums des Erblassers am Grundstück zweifelhaft noch die Verwirklichung des Rechts unsicher. Für eine analoge Anwendung des § 2313 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 BGB fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Hinzu kommt, dass eine analoge Anwendung eine beträchtliche Rechtsunsicherheit zur Folge hätte. Des Weiteren lagen der vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsrechtsprechung andere Fallgestaltungen zugrunde. Schließlich ist die Beklagte auch nicht nach § 242 BGB gem. den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, die Verjährungseinrede zu erheben. Dies kann zwar ausnahmsweise bei arglistigem Verhalten der Fall sein, hier wussten jedoch beide Parteien vor Ablauf der Verjährungsfrist nichts von der Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlass.