Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Der Anspruch auf Elternunterhalt ist verwirkt, wenn der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat. Im zugrunde liegenden Falle wuchs das Kind bei der Mutter auf, hatte zum Vater kaum Kontakt. In der Trennungssituation wurde das Kind Zeuge und Opfer von Handgreiflichkeiten des Vaters und sollte (nunmehr im Erwachsenenalter) wegen der Heimkosten für den Vater in Anspruch genommen werden. Als der Vater-Kind-Kontakt abbrach, war das Kind bereits volljährig. Gleichwohl zieht das Oberlandesgericht aus § 1618a BGB (Eltern und Kinder sind einander Beistand und Rücksicht schuldig) den Schluss, dass es die Aufgabe des Vaters gewesen wäre, den endgültigen Bruch zu verhindern. § 1611 Abs. 1 BGB sieht vor, dass Unterhaltsansprüche verwirkt sind, wenn sich der Unterhaltsbedürftige vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII verhindert den Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger, wenn die Inanspruchnahme eine unbillige Härte wäre. Wer sich bewusst und dauerhaft von jeglichen Beziehungen persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinen Kindern ablöst, stellt sich selbst außerhalb des familiären Solidarverbands. Geschieht dies zudem in einer Weise, die für das nunmehr unterhaltspflichtige Kind traumatisierend wirkte, muss diesem die Auferlegung einer Zahlungspflicht in besonderer Weise als unbillig erscheinen. Dafür ist ausschlaggebend, dass der Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB sich nicht unmittelbar aus dem rechtlichen Status der Verwandtschaft legitimiert, sondern seine Wurzeln in der familiären Solidarität und Verantwortung hat. Diese gelten in einem Mehrgenerationenverhältnis lebenslang. Andererseits ist niemand gehalten, den Grundsatz der Solidarität auch tatsächlich zu leben, wenn es an der dafür erforderlichen tragfähigen familiären Bindung fehlt. Wer sich bewusst und dauerhaft aus jeglicher persönlichen und wirtschaftlichen Beziehung zu seinen nächsten Verwandten löst, entzieht sich selbst dem familiären Solidarsystem und kann dann auch keine solidarische Unterstützung mehr erwarten. Dies stünde in einem eklatanten Widerspruch zu dem eigenen Verhalten. In einer solchen Situation wird der eigene Elternteil "wie ein Fremder" empfunden, was die Auferlegung einer weiteren finanziellen Unterstützung schlechterdings als unbillig erscheinen lässt.