Fachanwälte Dallhammer und Kellermann in Bensheim

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Im der Entscheidung des Bundsgerichtshofs zugrunde liegenden Falle stürzte ein damals etwa zwei Jahre alte, heute rund 20-jährige Kläger am 27.07.1996 mit einem Plastiklöffel im Mund derart unglücklich, dass er sich eine Pfählungsverletzung im Rachenraum zuzog, wegen derer seine Mutter ihn in der die Gegenseite darstellenden Klinik vorstellte, wo er stationär aufgenommen wurde. Wie sich anhand einer Röntgenaufnahme zeigte, entwickelte er vier Tage später eine Entzündung sowie einen Abszess im Rachenraum, wegen derer er in eine Universitätsklinik verlegt wurde, wo der Abszess noch am selben Tag entfernt wurde. In der Folgezeit stellte man eine Schädigung des zentralen Nervensystems fest. Der Kläger leidet seitdem an einem irreversiblen hypoxischen Hirnschaden, der sich u.a. in gesteigerter Reizoffenheit niederschlägt, in einer Geh- und Gesichtsfeldstörung, einer Sprachstörung und einer Halbseitenschwäche. Der Sachverständige stellte fest, dass es spätestens zwei Tage nach stationärer Aufnahme geboten gewesen sei, den CrP-Wert zu kontrollieren, was den Hinweis erbracht hätte, dass die Infektion „unzureichend im Griff sei“, indem ein erheblicher Anstieg des CrPs festgestellt worden wäre. In der Folge hätte man entweder die antibiotische Therapie umgestellt oder weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Situation im Halsschwellungsbereich abzuklären. Es wäre dann zwar bei einer schweren Infektion geblieben, die Bildung eines Abszesses habe aber weitgehend verhindert werden können. Das Landgericht gab der Klage daraufhin in vollem Umfang statt, da die Verkennung der Infektionssituation fundamental und die Nichtreaktion hierauf grob fehlerhaft gewesen sei. Die Beklagten wiederholen demgegenüber in der Revision im Wesentlichen ihren Standpunkt, wonach Primärschaden lediglich der Abszess, nicht der hypoxische Hirnschaden sei, dem Kläger daher keine Beweislastumkehr zugute komme und er den Beweis der Ursächlichkeit des Behandlungsgeschehens auch für den Hirnschaden daher nicht erbracht habe. Der BGH wies die Revision in sämtlichen Punkten zurück. Somit hielt er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Beweislastumkehr wegen des „Nichterhebens medizinisch gebotener Befunde“ fest. Außerdem hat er festgestellt, dass bei einem groben Behandlungsfehler für den Ursachenzusammenhang (Kausalität) zwischen dem festgestellten Behandlungsfehler und dem eingetretenen ersten Verletzungserfolg (sog. Primärschaden) entwickelten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch bei einem Befunderhebungsfehler gelten.